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Tetschen oder Tätscheln

Von Franz Witzeling

Gastkommentare
Franz Witzeling ist Soziologe und Psychologe.

Die gesunde Watschen wird wieder als probates Mittel gesehen, um unsere Jugendlichen zu disziplinieren ohne mit ihnen zu diskutieren.


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Wenn man polemisch wäre, könnte man sich folgende Frage stellen: Wieweit hängen "gesunde Watschen" und "ordentliche Beschäftigungspolitik" zusammen? Die Antwort auf diese Frage wird vielleicht in Kärnten anders lauten als in den anderen Bundesländern. Das zumindest vermutet ein Mitglied der Kärntner Landesregierung, welches unter anderem für Bildung und Jugend zuständig ist und durch seinen jüngsten Sager von der "gesunden Tetschen" in der Diskussionsveranstaltung "Streitkultur" des ORF-Radios Kärnten aufgefallen ist.

In diesen Zusammenhang ist der Spruch: "Zwetschgen und Ohrfeigen sind zwei verschiedene Sachen" genauso passend plump und kurzschlüssig, wie das Rezept zur Disziplinierung von Jugendlichen. Zuerst muss man zwischen Pflaumen alias Zwetschgen und Birnen unterscheiden können, das müsste man jenem Kärntner Landesrat ins Stammbuch schreiben, der sich anscheinend als Inkarnation des verstorbenen Landeshautmannes der Herzen fühlt.

Die Psychologie lehrt uns, dass man ein Trauma - besonders ein politisches - nicht durch Verdrängen eigener Defizite kompensieren kann und schon gar nicht dadurch, dass man dieses zum Rezept und zur Maxime eigener politischer Wirksamkeit macht. Populismus kann im Bewusstsein der Bevölkerung erdig und verwurzelt sein, aber in seiner Erscheinungsform Gefahr laufen, sich als Flachwurzler beim kleinsten Gegenwind selbst das Haxl zu stellen und dabei auf den Mund zu fallen.

Warum tun die sich das an? Gewisse Persönlichkeitstypen, die sich als machtbewusste Narzissten fühlen und sich dementsprechend gebärden, generieren ihre Spannkraft gleichzeitig aus der Polarität einer sadomasochistischen Disposition.

Dieses Psychogramm ist auch die Erklärungsgrundlage für beobachtete politische Bocksprünge mancher Politiker beim blinden Rennen um die Macht. Kern der gesamten Thematik ist der Kommunikationsstil, dem sich viele Politiker mit dem Drang zur Selbstdarstellung befleißigen.

Mit der sperrigen Kunstsprache übertreffen die Politiker die Ärzte in ihrer Diktion am Krankenbett bei weitem. Das manifestiert sich beim Kontakt mit der Presse und dem einfachen Bürger. In der gespielten bodenständigen Banalität der Aussage schaffen sie zusätzliche Distanz zwischen Bürger und Politiker.

Dasselbe Szenario findet man just in der Schule vor, wo sich der besagte Landesrat aus Kärnten Sorgen um die Disziplin der Schülerinnen und Schüler macht und seinen über die Medien gespielten Sager über die "gesunde Tetschen" als probates Mittel sieht, wieder Zucht und Ordnung alter Zeiten herzustellen.

Das sei ja alles nur ein Missverständnis, heißt es dann in einem Interview, wie der oft bissige Anchorman des ORF genüsslich am Ende seiner Sendung kommentiert, der Landrat habe nicht "Tetschen" gemeint - sondern tätscheln müsste man die Schüler, weil man ja natürlich gegen Gewalt ist.