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EZB und Fed werden die Zinsen jetzt nochmals erhöhen - wegen des Bebens im Bankensektor aber wohl nicht stark.
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Mehrere Monate war die Inflation im Euroraum bereits auf dem Rückzug, im April hat sie aber wieder leicht angezogen. Wie das EU-Statistikamt Eurostat am Dienstag nach einer ersten Schätzung mitteilte, stieg die durchschnittliche Teuerungsrate von 6,9 auf 7,0 Prozent. Größte Preistreiber waren weiterhin Lebensmittel, Dienstleistungen und Industriewaren. Wobei aber auch Energie wieder teurer wurde, nachdem sie sich noch im März verbilligt hatte. Mit 7,0 Prozent bewegt sich die Gesamtinflation auf einem anhaltend hohen Niveau, was nach wie vor weit entfernt ist von dem auf 2,0 Prozent lautenden Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Das setzt die Notenbanker in Frankfurt unter Druck, das Zinskarussell noch mehr in Schwung zu bringen. Nach den sechs Leitzinserhöhungen seit Juli 2022 werden sie bei ihrem Meeting am Donnerstag wohl weiter nachlegen.
Unklar ist nur, in welchem Ausmaß die siebente Zinsanhebung nach dem Ende der jahrelangen ultralockeren Geldpolitik erfolgen wird. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter 69 Volkswirten gehen 83 Prozent - und damit eine deutliche Mehrheit - von einer Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte (25 Basispunkte) aus. 17 Prozent der befragten Ökonomen rechnen dagegen mit einem kräftigen Schritt um 0,50 Prozentpunkte.
Vorsicht wegen der Banken?
Aus Sicht von Wirtschaftsexperten ist der Kampf der Euro-Währungshüter gegen die hohe Inflation noch lange nicht vorbei. "Es wird noch Monate dauern, bis das EZB-Preisziel langsam am Horizont sichtbar wird", sagt etwa Alexander Krüger, Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Da die Kerninflation (Teuerung ohne Energie- und Lebensmittelpreise, Anm. d. Red.) weiter erdrückend ist, bleiben Leitzinserhöhungen das Gebot der Stunde."
Auch die Volkswirte der US-Bank Morgan Stanley sehen dies ähnlich. Eine hartnäckige Kerninflation erfordere mehr Zinserhöhungen. Gleichzeitig sprächen die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor jedoch eher für ein "graduelles Vorgehen". Mit Blick auf die Zinssitzung am Donnerstag sprechen die Fachleute von Morgan Stanley deshalb auch von einem Dilemma, vor dem die Notenbanker der EZB um Präsidentin Christine Lagarde stünden.
Das Beben in der Bankenbranche, für das in den USA vor allem die Silicon Valley Bank und die First Republic Bank sowie in Europa die Credit Suisse gesorgt hatten, gilt indes als Hauptgrund, warum viele Experten glauben, dass die Euro-Wächter nun den Fuß etwas vom Gas nehmen werden. Sollte sich die EZB, wie mehrheitlich erwartet, zu einer Erhöhung um 25 Basispunkte durchringen, wäre das jedenfalls der kleinste Schritt im bisherigen Zinserhöhungszyklus. Noch im März hatte sie die Leitzinsen um 50 Basispunkte hinaufgesetzt.
US-Konjunktur schwächelt
Wegen der Banken könnte auch die US-Notenbank Fed, die am Mittwoch ihre zweitägige Zinssitzung beendet, bei der Bekämpfung der hohen Inflation auf ein vorsichtigeres Vorgehen umschalten. Einige Regionalbanken im Land waren ja aufgrund von Kursverlusten bei Anleihen-Investments infolge der raschen und kräftigen Zinserhöhungen der Fed in akute Liquiditätsnöte geraten.
Die meisten Ökonomen erwarten jedenfalls, dass die US-Währungshüter um ihren Chef Jerome Powell den Leitzins um 25 Basispunkte erhöhen und danach eine Zinspause einlegen werden. Wie es heißt, werde bei der Entscheidung der Fed wohl auch der eingetrübte Konjunkturausblick eine wichtige Rolle spielen. Manche Beobachter sehen in den USA bereits erste Anzeichen für eine Rezession.
So wie die EZB strebt auch die Fed eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an. Zuletzt hat sich der Preisauftrieb weiter abgeschwächt. Im März stieg der von der US-Notenbank besonders beachtete Preisindex PCE um 4,2 Prozent. Zum Vergleich: Im Monat davor hatte das Plus noch bei 5,1 Prozent gelegen. Der Kernindex ohne Energie und Lebensmittel ging zwar auch zurück, aber nicht so deutlich wie der Gesamtindex und auch nicht so deutlich wie erwartet.
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