)
Stimmenkauf ist massives Problem. | Bangkok/Wien. Als sich der Kandidat Surapong Tovijackchaichul in der thailändischen Stadt Chang Mai für die Parlamentswahl registrierte, verdeckte er sein Gesicht mit einer Maske: Diese zeigte das Abbild von Ex-Premier Thaksin Shinawatra. Die Szene ist bezeichnend für die am Wahl, die am 23. Dezember stattfindet: Der ehemalige Regierungschef überdeckt das politische Geschehen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Dabei befindet sich Thaksin im Londoner Exil. Im September 2006 stürzte ihn das Militär durch einen unblutigen Putsch. Die Vorwürfe: Thaksin habe seine Macht missbraucht und spalte die Gesellschaft. Der Multimilliardär hatte kritische Medien mit Klagen zugedeckt oder einfach aufgekauft. Beim Verkauf seiner Telekomfirma nach Singapur musste Thaksin dank eines eigens zugeschnittenen Gesetzes keinen Cent Steuer zahlen, was zu monatelangen Protesten in der Hauptstadt Bangkok führte.
Die Opposition boykottierte die Wahlen im April 2006, diese wurden für ungültig geklärt. Schließlich riss die Armee das Ruder an sich und installierte mit dem Segen des einflussreichen Monarchen Bhumibol Adulyadej eine Übergangsregierung. Interimspremier wurde der Ex-General Surayud Chulanont.
15 Monate danach soll die Rückkehr Thailands zur Demokratie eingeläutet werden: 39 Parteien treten an, um 480 Parlamentssitze zu erobern. Doch politische Debatten geraten mehr und mehr in den Hintergrund. Stattdessen dreht sich wieder einmal fast alles um Ex-Premier Thaksin, gegen den in Thailand mehrere Verfahren wegen Korruption laufen. Die Wahl droht zu einem Referendum über seine Rückkehr zu werden.
Für diese will nach eigenen Worten Samak Sundaravej sorgen. Er führt die Peoples Power Party (PPP) an, in der sich die Thaksin-Anhänger versammelt haben. Die Thaksin-Partei Thai Rak Thai (Thais lieben Thais) war nach dem Militärputsch verboten und der Ex-Premier samt 110 seiner Gefolgsleute mit Politikverbot belegt worden.
Das Land ist polarisiert
Der PPP werden gute Chancen auf den Wahlsieg eingeräumt. Ihr härtester Konkurrent ist die vom Oxford-Absolventen Abhisit Vejjajiva angeführte Demokratische Partei (DP), die sich seit jeher in Gegnerschaft zu Thaksin befindet.
"Die politische Szenerie ist aufgeheizt, die Gesellschaft polarisiert", erklärt der Thailand-Experte Marco Bünte vom Giga-Institut für Asien-Forschung in Hamburg im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auf der einen Seite stehen der Süden des Landes und die städtische Mittelschicht, die in Thaksin vor allem einen korrupten Emporkömmling sieht. Hier findet die DP ihren Zuspruch. Auf der anderen Seite steht die Landbevölkerung im dicht besiedelten und ärmeren Norden, wo Thaksin weiterhin viele Anhänger hat. Hier hat die PPP ihren Rückhalt.
Die PPP beschwört Thaksin in den ländlichen Regionen nicht ohne Grund: Der Ex-Polizeioffizier führte dort zahlreiche Sozialprogramme durch, erleichterte etwa den Zugang zur Gesundheitsversorgung. Zudem inszenierte er sich in Kampagnen geschickt als Anwalt der Armen. Dadurch sind die Mittellosen viel stärker in den Fokus der Politik gerückt. Nun versprechen im Wahlkampf fast alle Kandidaten umfassende Sozialprogramme.
Auch sonst findet man keine großen programmatischen Unterschiede zwischen den Parteien. "Es gibt in Thailand kaum eine ideologische Ausrichtung der Parteien, sondern es sind meistens Netzwerke einflussreicher Personen, die sich jederzeit wieder verändern können", so Bünte.
Diese fehlende ideologische Ausrichtung führt dazu, dass sich die Wähler oft mehr nach Persönlichkeiten als nach Programmen entscheiden. Oder nach Geldscheinen - denn der Stimmenkauf stellt ein massives Problem besonders in ländlichen Regionen dar. Thaksins Gegner meinen daher, der reichste Mann des Landes habe einfach die größten Möglichkeiten des Stimmenkaufes gehabt und seine Wahlsiege seien wertlos. Und erst kürzlich reisten neun dubiose Geschäftsleute mit 60 Millionen Baht (rund 1,3 Millionen Euro) Bargeld aus Hongkong ein. Dort soll kurz zuvor auch Thaksin gewesen sein, der die PPP aus dem Ausland offen unterstützt.
Der Stimmenkauf, der quer durch die Parteien geht, könnte nach der Wahl zu etlichen Klagen führen und das Endergebnis verzögern. Zudem wurde das Wahlgesetz drastisch verschärft, selbst das Verteilen von T-Shirts ist untersagt. Diese verschärften Bestimmungen halten dem Militär eine Tür öffnen, um vor Gericht gegen die Thaksin nahe stehende PPP vorzugehen. So soll nach der Wahl geprüft werden, ob ein im Dunstkreis der PPP aufgetauchtes Video von Thaksin gegen dessen politisches Betätigungsverbot verstößt.
Offiziell geben sich die Militärs momentan allerdings lammfromm: Oberbefehlshaber General Anupang Paochinda sagte, dass er gar einer Rücktrittsforderung nachkommen werde, sollte dies die PPP nach einem Wahlsieg fordern.
Instabile Koalitionen
Doch hat sich das Militär mit einer neuen Verfassung abgesichert. Diese beschneidet das Recht der Exekutive und gibt der Justiz und auch der Armee mehr Einfluss. Zudem ist sie maßgeschneidert auf kleinere Parteien. Nach der Wahl wird daher mit instabilen Koalitionen gerechnet. Beobachter vermuten, dass die Armee im Falle eines Sieges der PPP Druck auf die DP ausüben würde, mit den kleineren Parteien eine Regierung zu bilden.
"Die alten Eliten - hohe Militärs und Beamte - wollen auf alle Fälle ein Wiedererstarken Thaksins verhindern", ist Bünte überzeugt. Der Direktor des Forschungsinstituts Isis in Bangkok, Thitinan Pongsudhirak, meinte jedoch vor kurzem, die Eliten "können die Kräfte nicht mehr bändigen, die in der Thaksin-Zeit entfesselt wurden". Die Armen hätten ihre politische Macht erkannt.