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Das Militär schreibt seine Macht fest. Es untergräbt damit die Demokratie - und auch die wirtschaftliche Dynamik Thailands.
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Nicht einmal Kinder verschonte das thailändische Militär. Zwei achtjährige Schulmädchen wurden angezeigt, unter anderem wegen "Zerstörung amtlicher Dokumente". Der Grund: Die Mädchen hatten eine Wählerliste für das Referendum über eine neue Verfassung von einer Mauer gerissen, weil ihnen die rosa Farbe des Papiers gefiel. Gefängnis drohe den beiden Mädchen aufgrund ihres Alters zwar nicht, hieß es vonseiten der Behörden, anzeigen müsse man sie aber trotzdem.
Diese Episode wirft ein Schlaglicht darauf, mit welchen Mitteln die Militärjunta derzeit in Thailand herrscht und in welcher Atmosphäre am Wochenende über eine neue Verfassung abgestimmt wurde. Es gab keine offene Debatte, stattdessen war überall die Aufforderung des Militärs zu hören, die neue Konstitution anzunehmen. Denn das würde Stabilität und eine Rückkehr zur Demokratie bringen. Die Thailänder mussten zudem befürchten, dass die Armee, die sich 2014 an die Macht geputscht hatte, die Daumenschrauben noch fester anzieht, sollten sie sich gegen die neue Verfassung entscheiden. Schließlich stimmten nach offiziellen Angaben 61,4 Prozent der Wähler für die Annahme der neuen Verfassung, die Wahlbeteiligung lag bei 55 Prozent. Das Militär verkündete dann am Montag, dass voraussichtlich im Herbst 2017 wieder Parlamentswahlen stattfinden werden.
Doch mit der neuen Konstitution sind dann nur noch Reste von der Demokratie übrig. Denn die Parteien werden kräftig geschwächt. So bestimmt nun die Armee künftig den Senat. Dieser nimmt nicht nur großen Einfluss darauf, wer Premier wird, sondern er kann auch gleich die gesamte Regierung entlassen.
Damit erhebt die Armee in unruhigen Zeiten für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte den Machtanspruch. Denn der 88-jährige König Bhumibol Adulyadei, die von der Bevölkerung hoch verehrte Integrationsfigur des Landes, soll schwer erkrankt sein. Niemand weiß, was die Thronfolge politisch mit sich bringen wird.
Viele Verlierer
"Die Verfassung dient dazu, die Privilegien der alten Eliten festzuschreiben", sagt der Politologe und langjährige Südostasien-Experte Gerhard Will. Und das seien, neben dem Militär selbst, die Teile der Oberschicht, die ihren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einfluss ihren guten Verbindungen zu Armee und Königshaus zu verdanken hätten.
Das Militär hatte sich im Mai 2014 an die Macht geputscht, nachdem monatelange Proteste gegen die Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra, der Korruption vorgeworfen worden war, für schwere Unruhen gesorgt hatten. Verlierer der Machtübernahme durch die Militärs waren die Wähler von Yingluck, von denen viele aus den ärmeren Schichten stammen und die um ihre Stimme gebracht wurden.
Verlierer sind zu einem gewissen Grade aber auch diejenigen Mitglieder der Ober- und Mittelschicht, die während des Wirtschaftsaufschwungs der vergangenen Jahrzehnte hochgekommen sind, weil sie sich auf den nationalen und internationalen Märkten durchgesetzt haben - und nicht, weil sie mit der Elite verbunden waren. Teile dieser Gesellschaftsgruppe unterstützen jedoch die Militärherrschaft - weil sie ihnen erträglicher erscheint als das politische Chaos, das vor dem Putsch herrschte.
Das muss aber nicht so bleiben. "Mit dem autokratischen Militärsystem wird man die wirtschaftliche Entwicklung, die Thailand die letzen Jahrzehnte gekennzeichnet hat, nicht fortsetzen können", sagt Will. Die Armee will Privilegien absichern, viele Wirtschaftstreibende, die für Dynamik in dem Schwellenland gesorgt haben, haben aber ganz andere Bedürfnisse. Da kann das Militär noch so viele Verfassungen schreiben und absegnen lassen, "diese Spannung bleibt aufrechterhalten", sagt Will. Und das könnte in Zukunft noch für große Unruhe sorgen.