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"Thank you very much" und "Grazie"

Von WZ-Korrespondent Julius Müller-Meiningen

Politik

Für das erste Treffen mit US-Präsident Obama nahm sich Papst Franziskus viel Zeit - sowie einen Dolmetscher.


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Rom. "Welcome, Mister President, to the Vatican", sagte der Präfekt des Päpstlichen Hauses, als Barack Obama am Donnerstag seiner schwarzen gepanzerten Limousine entstieg. Georg Gänswein, der deutsche Kurienerzbischof und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI., nahm den US-Präsidenten im Vatikan per Handschlag in Empfang. Im Damasus-Hof stand eine Abordnung der Schweizer Garde Spalier.

Das erste Treffen zwischen Papst Franziskus und dem US-Präsidenten fand wenige Minuten später im Apostolischen Palast statt. Der 77-jährige Franziskus kam Obama ein paar Schritte aus der Privatbibliothek entgegen, in der der Papst offizielle Gäste zur Audienz empfängt. Die Fernsehbilder zeigten einen sicher und entspannt auftretenden Obama und einen eher zurückhaltenden Papst. Eine Überraschung insofern, als Franziskus in Rom für seine Unbefangenheit im Umgang mit den Menschen berühmt ist.

"Es ist wunderbar, Sie zu treffen", lauteten die ersten Worte Obamas an den Papst. "Vielen Dank, dass Sie mich empfangen haben." Eher schüchtern klang auch das "Thank you very much" aus dem Mund des Papstes, der sich im weiteren Verlauf auf Spanisch und mit einem Dolmetscher an den US-Präsidenten wendete. Offenbar spricht der aus Argentinien stammende Papst kaum Englisch, die Konversation der beiden musste deshalb über diesen nicht unwesentlichen Umweg geführt werden. "Grazie", sagte Obama auf Italienisch, als ein Bediensteter ihm den Stuhl am Schreibtisch des Papstes heranrückte.

50 Minuten Audienz

50 Minuten, wesentlich länger als die sonst übliche halbe Stunde, dauerte die anschließende Audienz. Geschäftsmäßig war danach von "herzlichen Gesprächen" die Rede. Themen waren die Krim-Krise und der Syrien-Konflikt. Beide Seiten hätten sich "für die Respektierung der Menschenrechte und des internationalen Rechts und für eine friedliche Lösung" ausgesprochen, erklärte der Vatikan. Man tauschte zudem Gedanken über Religionsfreiheit, Lebensrechte, Wehrdienstverweigerung und Migration aus.

Im Vorfeld war bereits die Rede davon gewesen, der Papst und der zwar nicht katholische, aber einer christlichen Kirche angehörende und früher in Armenvierteln als Bürgerrechtsaktivist tätige US-Präsident hätten etwa bei den Fragen Abtreibung, Empfängnisverhütung und Homo-Ehe unterschiedliche Vorstellungen. Die US-Bischöfe kritisierten Obama in dieser Hinsicht mehrfach. In einem Interview mit dem "Corriere della Sera" hatte Obama bereits angedeutet, dass beide Seiten wohl nicht "in jeder Frage einer Meinung" seien.

Vor der Verabschiedung übergaben Papst und Präsident einander noch Geschenke. Der US-Präsident hatte unter anderem eine Kiste mit Obst- und Gemüsesamen aus dem Garten des Weißen Hauses mitgebracht, Franziskus schenkte Obama ein Exemplar seiner ersten päpstlichen Lehrschrift "Evangelii Gaudium", in der er das kapitalistische System stark kritisiert.

Nach seinem Besuch im Vatikan traf der US-Präsident noch mit dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano und Ministerpräsident Matteo Renzi zusammen. Heute, Freitag, soll er nach Saudi-Arabien weiterreisen.

Das seit Monaten geplante Treffen mit den Monarchen der Golfstaaten wurde dagegen abgesagt, da die Spannungen zwischen den Mitgliedern des Golfkooperationsrats aufgrund der divergierenden Positionen zu Syrien, Ägypten oder dem Iran zu stark seien. Es ist aber anzunehmen, dass der saudische König Abdullah bei Obama seinen Unmut über dessen "zu freundliche Iran-Politik" in aller Schärfe deponieren wird.