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The Economy, Stupid

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Nicht nur Klima: Pünktlich zum Sondierungsende erinnert die ÖVP an ihre Prioritäten.


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Jede Politik braucht, will sie gehört und verstanden werden, ein Leitmotiv, das Ziele formuliert und Sinn stiftet. Idealerweise spielen dabei nicht nur die Partikularinteressen einer kleinen Funktionärselite die maßgebliche Rolle, sondern die Probleme der Bürger.

Rechtzeitig zur Schlussrunde der türkis-grünen Sondierungen am Freitag ruft die ÖVP nun ihre politischen Prioritäten in Erinnerung: Klimaschutz schön und gut, so ließe es sich salopp formulieren, aber es gibt da auch noch die Eintrübungen am Konjunkturhimmel mit allen realwirtschaftlichen, budgetären und sozialen Folgen. Die Prognose verheißt eine stagnierende, womöglich sogar steigende Arbeitslosigkeit, nachlassende Investitionen, größere Unsicherheit und damit verbundene geringere Einnahmen und höhere Ausgaben für den Staat. Wenn, ja wenn die Politik nicht regulierend eingreift und Akzente setzt.

Für Tipps, was diese Situation für eine künftige Regierung bedeutet, hat Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer für diesen Donnerstag extra den Chef der deutschen Wirtschaftsweisen, den Essener Ökonomen Christoph Schmidt, nach Wien eingeladen.

Und auch wenn Mahrer, obwohl Chef des Wirtschaftsbundes, nicht Teil des ÖVP-Sondierungsteams ist, kann man getrost davon ausgehen, dass Thema, Termin und Botschaft bewusst zum Ende der Sondierungen gewählt sind. Aus ÖVP-Sicht gilt es, zum in allen Medien dauerpräsenten Kernthema der Grünen, dem Klimaschutz, ein ÖVP-affines Gegenüber zu positionieren. Die Sorge um Konjunktur, Jobs und wirtschaftliche Stabilität erfüllt diese Anforderung. "The Economy, Stupid", Bill Clintons legendärer Spruch im Wahlkampf gegen George Bush Senior, hat seine Gültigkeit nicht verloren.

Es sind die ökonomischen Rahmenbedingungen, die den Grundtakt vorgeben, mit dem die Klimaziele erreicht werden sollen: Es ist nun einmal ein Unterschied, ob die Konjunktur boomt, schleicht oder scheppert, ob - ungeachtet der Abschaffung der Zinsen - Unternehmen investieren oder Kosten kürzen, Bürger konsumieren oder angstsparen, wenn es gilt, ein ganzes Wirtschaftssystem von Erdöl und Erdgas zu entwöhnen. Und noch viel mehr, wenn jederzeit mit einer neuen Eskalation der Handelskriege zwischen den USA, China und Europa gerechnet werden muss.

Die ÖVP ist vor zwei Jahren angetreten, die Steuerlast zu senken, die Verwaltungsvorgaben zu vereinfachen und Unternehmen das Unternehmen zu erleichtern. Zwei Jahre später ist das Erreichen dieser Ziele sicher nicht einfacher geworden. Richtig bleiben sie trotzdem. Wie der Kampf gegen den Klimawandel.