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"Themen wie Gehalt rangieren weit hinten"

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Widerrufsklauseln in Verträgen empfehlenswert. | Flexible Arbeitszeit motiviert. | "Ältere | Arbeitnehmer sind nicht kündbar." | "Wiener Zeitung":Sie haben eine abwechslungsreiche Karriere hinter sich. Was sind schöne Erinnerungen, was sind eher schlechtere?


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Erich Cibulka: Ich habe unterschiedliche Aufgaben kennen gelernt - am Anfang tendenziell die unangenehmen. Konsum hat zwar schön begonnen, allerdings war das ein Jahr vor der Insolvenz. Das letzte Konsumjahr habe ich in der Personalverantwortung miterlebt. Ich habe damals 7000 Kündigungen unterschrieben und viele auch persönlich übergeben. In diesem Jahr war ich Stammkunde an allen österreichischen Arbeitsgerichten, weil natürlich sehr viele Verfahren strittig waren. Wenn sich das Unternehmen auflöst, fallen bei den Mitarbeitern alle moralischen Schranken. Also das war ein schwieriger Beginn.

Dann kam T-Mobile . . .

Dann kam T-Mobile mit der Aufbauphase von max.mobil.: Wachstum. Da ist es sehr schön, Personalchef zu sein. Das war aber auch ein schwieriger Umstellungsprozess. Zuvor hat man jeden Schilling dreimal umgedreht. Und auf einmal ist die höchste Aufgabe, Mitarbeiter zu finden, zu binden und attraktiver Arbeitgeber zu sein. Man lässt sich den ganzen Tag durch den Kopf gehen, wie man die Leute motivieren kann - und das mit dem Hintergrund, dass ich mir bei Konsum oder Gerngross schon oft an den Kopf gegriffen habe bei den Verpflichtungen, die meine Vorgänger in guten Zeiten unwiderruflich auf sich genommen haben. Ich habe daher in dieser guten Phase bei T-Mobile darauf geachtet, dass alles, was man willentlich Gutes tut, auch mit gewissen Widerrufsklauseln versehen ist.

Was raten Sie Unternehmern, die Mitarbeiter rekrutieren wollen? Was macht attraktiv?

Es gibt drei Top Entscheidungsprämissen für Mitarbeiter: Das, was ein Mitarbeiter tut, muss ihm Spaß machen. Der zweite Punkt ist die Beziehung zum persönlichen Vorgesetzten und das Betriebsklima allgemein. Die dritte große Prämisse ist die Frage der persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Themen wie Gehalt oder betriebliche Sozialleistungen rangieren in der Wertschätzung der Mitarbeiter relativ weit hinten. Diese Hard Facts werden oft überschätzt. Vielmehr sind Führungskräfte dazu angehalten, ihren persönlichen Umgang mit den Mitarbeitern zu pflegen.

Was halten Sie von Mitarbeiterbefragungen?

Sie sind absolut wichtig.

Scheitern nicht viele daran, die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung dann auch umzusetzen?

Zufriedenheitsbefragungen sind Momentaufnahmen. Es gibt dabei Klassiker, die immer wieder kommen - zum Beispiel die Aussage, dass zu wenig kommuniziert wird. Wir bieten ein Instrument an, wo Mitarbeiter befragt werden, wie sie sich verhalten müssen, um in ein bestimmtes Unternehmen hinein zu passen. Sie werden also nach den ungeschriebenen Gesetzen, aber auch den zwischenmenschlichen Aspekten gefragt. Daraus ergibt sich ein Kulturprofil des Unternehmens. Wenn man dann noch hinterfragt, aus welchen Ursachen es zu dieser Kulturbeschreibung kommt, zeigt das ein Bild an Stellschrauben, wo man ansetzen kann.

Was sagen Sie zur Kündigung älterer Arbeitnehmer?

Ich sage, dass ältere Arbeitnehmer nicht kündbar sind. Sie können wohl die Kündigung bekommen, aber sie fechten diese an und gewinnen hundertprozentig. Ich muss mich damit abfinden, dass ich ältere Mitarbeiter beschäftige - das ist auch nicht schlecht. Die Beschäftigung älterer Menschen in der Zukunft wird die Lösung für das Problem sein, woher wir die Arbeitskräfte bekommen. Wir müssen uns deshalb fragen, wie wir Rahmenbedingungen schaffen können, die den geänderten Bedürfnissen älterer Leute entgegenkommen.

Sie raten also, in ältere Mitarbeiter zu investieren und insbesondere auch Anpassungen des Arbeitsplatzes vorzunehmen?

Ich vertrete grundsätzlich die Meinung, dass jeder Dienstnehmer innerhalb gewisser Rahmenbedingungen ein hohes Maß an Flexibilität haben sollte, dass er auch seine persönlichen Neigungen nutzen kann. Es gibt nicht nur junge und alte, es gibt auch Abend- und Morgenmenschen. Es gibt welche, die ein Hobby haben, für das sie am Nachmittag Zeit brauchen. Andere haben Betreuungspflichten. Im Prinzip sollte es allen möglich sein, einerseits zu arbeiten und nebenbei auch noch etwas anderes zu tun. Ich vertrete nicht unbedingt die Meinung, dass jeder Arbeitnehmer mit seiner Firma verheiratet ist. Beim Management ist das anders.

Heißt das, dass Sie auch für Flexibilisierung der Arbeitszeit sind?

Ich bin für möglichst offene Zeitmodelle, kleine Kernzeiten und ganztägigen Zeitausgleich. Wenn ich zum Beispiel in der Buchhaltung tätig bin und gegen Jahresende hin viele Stunden ansammle, soll ich diese dann auch im Sommer des Folgejahres abfeiern gehen können oder den ganzen Tag ins Bad gehen.

Sind Unternehmer dieser Flexibilität gegenüber aufgeschlossen?

Ich glaube, es geht absolut in diese Richtung.