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Tiefe Einblicke in eine globale Krise

Von Christa Karas

Wissen
Alexander Lukeneder ist schon wieder in luftiger Höh’.

FWF-Projekt in der Türkei läuft parallel zu gleichem Projekt in den Dolomiten. | Ammoniten leiten den Paläontologen und Saurier-Experten Alexander Lukeneder. | Wien. Ammoniten - eine ausgestorbene Gruppe sehr artenreicher Meereskopffüßer - sind nicht nur bei Fossiliensammlern begehrt, sondern für die Geologie und die Paläontologie von größter Bedeutung. Nun wird ein Team aus 16 internationalen und nationalen Wissenschaftern unter der Leitung des Paläontologen Alexander Lukeneder vom Naturhistorischen Museum (NHM) Wien in den kommenden drei Jahren im Rahmen eines FWF-Forschungsprojektes das Hinterland der Türkei und eine der größten Krisen in der Erdgeschichte, die Karnische Krise, erforschen.


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Vor rund 220 Millionen Jahren, in der sogenannten Trias-Zeit, kam es zu einem weltweiten Zusammenbruch der marinen Ökosysteme. Schwer betroffen und nahezu an den Rand des Aussterbens gebracht waren dabei die damaligen "Herrscher der Meere", die Ammoniten. Zu Millionen starben sie und wurden in Meeresbecken des Tethys-Ozeans abgelagert.

Mehr als 200 Millionen Ammoniten lagernd

Diese Massensterben sind heute in bis zu einem Meter mächtigen Ammoniten-Kalkbänken überliefert und bergen laut Lukeneder mehr als 200 Millionen Ammoniten in sich - eine Zahl, die noch die bisher kühnsten Schätzungen übertrifft. Aber auch Muscheln waren vom Absterben der Riffsysteme in der oberen Trias-Zeit betroffen. Ihre Schalen bildeten am Meeresboden dichte Lagen.

Im tiefen Meeresbecken fehlte durch die Verwesung der großen Mengen an Muschel- und Ammonitenkadavern bald der Sauerstoff. Das Meer wurde anoxisch. Diese einschneidende Krise im marinen Bereich ist weltweit als die Karnische Krise bekannt. Von Europa über Indien bis nach Amerika kann diese Ökokatastrophe nachgewiesen werden. So auch im Herzen des Taurus-Gebirges, wo diese markante Phase nun auf 1000 Metern Höhe aufgespürt werden konnte. Als Gründe für diese globale Wende scheinen eine deutliche Erwärmung und das Einsetzen eines feuchten Monsun-Klimas in Frage zu kommen.

Mit weiterentwickelten Forschungsmethoden in der Isotopen- und der Spektralanalyse sowie der Geochemie erwarten die Forscher einen tieferen Einblick in diese globale Krise gewinnen zu können.

Von den Dinosauriern zu den Dolomiten

Lukeneder, Kurator (Mesozoikum) der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des NHM Wien, ist es damit als einem der wenigen Wissenschafter gelungen, vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) zum Leiter gleich zweier internationaler Projekte bestimmt zu werden. Wie seinerzeit berichtet, forscht er seit zwei Jahren in den Dolomiten Südtirols. In den Dolomiten (Unesco-Weltkulturerbe), versuchen 22 Wissenschafter aus sieben Nationen, das Klima und das Leben der Kreidezeit vor rund 140 bis 90 Millionen Jahren zu entschlüsseln.

Ammoniten: Nicht nur bei Fossiliensammlern sehr begehrt. Foto: Lukeneder/NHM Wien

Die gesammelten Fossilien beider Projekte sollen in der NHM-Schausammlung ausgestellt werden.

Einem breiten Publikum ist Lukeneder durch seine Aktivitäten im NHM Wien und als Experte und Co-Autor ("Akte Dinosaurier - den Riesenechsen auf der Spur") in Sachen Saurier bekannt.