Bei Insolvenz könnte OeNB das positive Gutachten aus 2008 auf den Kopf fallen.
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Wien. Alles, was schiefgehen kann, geht auch schief. Die Hypo Alpe Adria beweist dies fast täglich. Einen Tag, nachdem die Nationalbank - als Warnung gedacht - die Insolvenz-Variante mit 16 Milliarden Euro bezifferte, wird nun bekannt, dass die Nationalbank selbst ein Milliarden-Risiko befürchtet. Wenn die Hypo in die Pleite geschickt wird, wollen sich - wie der "Wiener Zeitung" inoffiziell mitgeteilt wird - Anleihe-Gläubiger an der Aufsichtsbehörde schadlos halten. Eine Amtshaftung besteht grundsätzlich.
Grund dafür: Im Sommer 2008 (die Anleihen wurden bis 2007 verkauft) hatte die Nationalbank in einem umstrittenen Gutachten die Hypo Alpe Adria als "not distressed" eingestuft und diese Unbedenklichkeitsbescheidung auch der EU-Kommission übermittelt. Dadurch wurde Gläubigern eine Sicherheit vermittelt, die es wohl schon damals nicht gab, die genau deshalb auf einen Verkauf der Papiere verzichteten.
Pikantes Detail dabei: Der Chef der Nationalbank zu diesem Zeitpunkt war noch Klaus Liebscher. Er ist heute Chef der Arbeitsgruppe zur Gründung einer "bad bank" für die Hypo und vehementer Gegner einer Hypo-Insolvenz.
Diese Arbeitsgruppe empfiehlt der Regierung vier "bad bank"-Varianten, bei zwei davon werden die anderen Banken indirekt beteiligt. Dies sollte verhindern, dass dadurch notwendige weitere Milliarden-Abschreibungen der Hypo nicht auf die Staatsschuld durchschlagen. Nächste Hiobsbotschaft: Das dürfte nicht funktionieren.
In der kommenden Woche berät die Regierungsspitze erneut über die Hypo, deren Verlustrisiko auf bis zu zehn Milliarden Euro geschätzt wird. Nun liegt das 96-seitige Papier allen Experten vor, und was sie Faymann und Spindelegger zu sagen haben, wird die nicht unbedingt erfreuen:
Auch bei einer Beteiligung der Bank, die zirka 400 Millionen Euro in einen Hypo-Fonds einzahlen sollen, würde das Budget 2014 erheblich belastet werden.
"Die Idee der Arbeitsgruppe, alle Vermögenswerte der Hypo zum Buchwert, also ohne Wertberichtigungen, in die neue ,bad bank‘ zu übernehmen, wird nicht funktionieren", sagte ein Experte aus Regierungskreisen zur "Wiener Zeitung", der anonym bleiben wollte. Und macht folgende Rechnung: Die Übertragung zweifelhafter Vermögenswerte in Höhe von 13 Milliarden Euro, wie sie von der Hypo beziffert worden waren, sei rechtlich nicht möglich. Die Bank erwarte schließlich, dass es bei deren Verwertung Verluste geben wird. Wenn 70 Prozent wertberichtigt würden, blieben etwa neun Milliarden Euro stehen, die von der Republik sofort, also im heurigen Jahr zu übernehmen wären. Für das Budget 2014 wäre das ein Desaster, und genau jenes Szenario, das die ohnehin von Start weg holpernde Koalitionsregierung zu vermeiden trachtet. Das Volumen - wie hoch es dann immer ausfallen wird - würde ins heurige Defizit laufen und Österreich weit über die EU-Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung katapultieren.
Die Opposition im Parlament wetzt ohnehin schon seit geraumer Zeit die Messer wegen der Hypo, weil sich Finanzminister und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger von Beginn an so deutlich gegen die Insolvenz-Variante stellte. FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach verlangen eine Offenlegung dieser Variante.
Kommt neue Variante?
Wie bereits berichtet, ist in jedem Fall bereits ein Schaden für die Republik eingetreten: Jene 4,8 Milliarden Euro, die seither in Form von Kapitalspritzen und Garantien in die Ende 2009 verstaatlichte Bank flossen, würden in jedem Fall zur Verlustabdeckung herangezogen - und sind damit de facto weg. Wegen der nunmehrigen Unsicherheiten über die "bad bank"-Varianten der Arbeitsgruppe könnte es also sein, dass mit den Banken im Februar eine Variante verhandelt werden muss, die es im Moment noch gar nicht gibt. Was den Zeitdruck weiter erhöht.