Zum Hauptinhalt springen

Tiefflug des Milchpreises im Fahrwasser der Wirtschaftskrise

Von Wolfgang Tucek

Analysen

Die globale Wirtschaftskrise macht auch vor der Landwirtschaft nicht Halt. Hauptgrund für den derzeit niedrigen Milchpreis ist die weltweit sinkende Nachfrage. In Fernost gingen die Konsumenten offenbar zur Nutzung von billigeren Alternativen als dem Milchpulver aus Europa über.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Doch eine Markterholung scheint in absehbarer Zeit in Sicht. So hat die EU-Kommission bereits einige Korrekturmaßnahmen ergriffen, um die Milchpreise nicht ins Bodenlose fallen zu lassen. Exportförderungen und Interventionskäufe für Milchprodukte wurden wieder eingeführt. Butter und Magermilchpulver werden noch bis mindestens Ende Februar 2010 von der EU aufgekauft.

Der Großteil der produktionsunabhängigen EU-Förderungen für Landwirte - der Betriebsprämien - kann heuer angesichts der angespannten Lage bereits Anfang Oktober statt erst im Dezember ausgezahlt werden.

In den Augen der Bauern und zahlreicher Mitgliedsstaaten müsste Brüssel aber noch mehr tun. Die Bauernlobbies haben ein besonderes Talent, lautstark auf sich aufmerksam zu machen. Die recht unrealistische Forderung nach einem Milchpreis von 40 Cent pro Liter steht im Raum. Dabei beziehen sich Bauernvertreter offenbar auf die Rekordwerte vor der Krise, die gut 30 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt gelegen waren. Gegenüber diesen Werten sieht der Einbruch auf derzeit rund 24 Cent pro Liter im EU-Schnitt natürlich besonders eindrucksvoll aus.

Die Agrarkommissarin spielt auf Zeit

Doch Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel sieht sich strikt an die kleine Zwischenreform der EU-Landwirtschaftspolitik von letztem Herbst gebunden und spielt auf Zeit. Daher gab es bisher stets von ihr - wie auch einer deutlichen Mehrheit der Agrarminister - klare Absagen an ein vorübergehendes Aussetzen der geplanten jährlichen Milchquotenerhöhung bis zu deren Auslaufen 2015.

Ein solches Aussetzen hatten sich vor allem Österreich, Deutschland und Frankreich wiederholt gewünscht. EU-weit würden die Quoten ohnehin unterliefert, die Produktion sei trotz Quotenerhöhung sogar zurückgegangen, lauten die Brüsseler Gegenargumente.

Ein von 18 EU-Ländern gestütztes Forderungspaket für höhere Interventionspreise und Exportförderungen könnte dagegen vor allem am Geld scheitern. Fischer-Boel verweist auf 600 Millionen Euro, welche die bisher geplanten Marktstützungsmaßnahmen bereits kosten. Mehr sei schlicht nicht vorhanden.

Immerhin auf 15.000 Euro für drei Jahre verdoppelt werden könne etwa die Geringfügigkeitsgrenze für staatliche Beihilfen für Bauern. Ohne die in absehbarer Zeit erwartete Markterholung wird das aber wohl nicht ausreichen, um die Lage für die Milchbauern zu entspannen.

Siehe auch:Markige Sprüche gegen Preisverfall