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Tiefschlaf stärkt Gedächtnis

Von Alexandra Grass

Wissen
Schlafen, um die Gehirnleistung zu erhalten.
© corbis

Eine amerikanische Hirnstudie dokumentiert erstmals Zusammenhänge.


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Wien. Schlechter Schlaf scheint in der heutigen Zeit - auch bedingt durch Alltagsstress - nichts Seltenes mehr zu sein. Was in jüngeren Jahren vorwiegend eben durch äußere Einflüsse bedingt ist, stellt sich später als scheinbar alterstypische Erscheinung heraus. Denn die Qualität des Tiefschlafs lässt mit dem Altern nach. Auswirkung scheint dies vor allem auf die Gedächtnisleistung zu haben, denn das langfristige Speichern von Erinnerungen im Gehirn erfolgt im Schlaf - genauer gesagt während des oft so ersehnten Tiefschlafs.

US-Wissenschaftern ist es nun erstmals gelungen, diese Zusammenhänge nachzuweisen. In einer Hirnstudie ermittelten Forscher um Bryce Mander von der University of California in Berkeley, wie der Verlust an grauer Hirnsubstanz im medialen präfrontalen Kortex (Stirnlappen) das Abspeichern von Erinnerungen vom Hippocampus ins Langzeitgedächtnis erschwert. Im Hippocampus fließen alle Informationen verschiedener sensorischer Systeme zusammen und er dient der Gedächtniskonsolidierung.

Etwa zwei Stunden pro Nacht im Tiefschlaf

Gesunde Erwachsene verbringen ungefähr ein Viertel der Nacht - also etwa zwei Stunden - im Tiefschlaf. In jener Phase, die nicht von den schnellen Augenbewegungen der sogenannten REM-Phase (Rapid Eye Movement) geprägt ist. Im REM-Schlaf finden die meisten Träume statt.

Die Wissenschafter untersuchten im Rahmen der Studie das Gehirn und die Schlafmuster von 18 jungen und ebenso vielen älteren Erwachsenen. Bei den älteren Probanden mit einem Durchschnittsalter von 72 Jahren wurde eine verringerte Aktivität der sogenannten Delta-Hirnwellen im Tiefschlaf festgestellt. Gleichzeitig auch eine verringerte Menge an grauer Hirnsubstanz im Stirnlappen. "Wir haben damit jenen unvorteilhaften Pfad entdeckt, der den Zusammenhang zwischen verschlechterter Hirnleistung, Schlafunterbrechungen und Gedächtnisverlust im Alter erklärt", schildert der Neurophysiologe und Schlafforscher Matthew Walker im Fachblatt "Nature Neurosciences".

Ein Teufelskreis, der sich durchbrechen lässt

In der Studie mussten die Teilnehmer abends Wortpaare lernen. Zehn Minuten später sowie nach einer achtstündigen Schlafphase, in der die Hirnaktivität aufgezeichnet wurde, wurde getestet. Menschen mit gestörtem Tiefschlaf schnitten dabei immerhin um 55 Prozent deutlich schlechter ab. Die Schlafqualität lag durchschnittlich 75 Prozent unter jener der jüngeren Teilnehmer.

Die Forscher betonen allerdings, dass das Alter nicht immer auf das Gedächtnis schlägt, sondern der Weg auch umgekehrt möglich ist. Denn der Schwund der grauen Hirnsubstanz beeinträchtigt wiederum den Tiefschlaf. Ein Teufelskreis, wie es scheint. Denn dies schwächt dann die Übertragung von Informationen vom Hippocampus ins Langzeitgedächtnis.

Eine Verbesserung des Tiefschlafs könnte laut den Wissenschaftern ein Ausweg aus der Krise sein, um den geistigen Abbau im Alter verzögern zu können. Die Daten eröffnen den Weg für neue Therapien gegen Gedächtnisverlust im Alter. Eine frühere Studie habe bereits gezeigt, dass elektrische Hirnstimulation den Tiefschlaf fördern und damit das Erinnerungsvermögen verbessern kann. Oft kann der Schlaf auch durch Medikamente oder Verhaltensänderungen positiv beeinflusst werden.