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Tierschutzverein will mehr Geld, Stadt schaut sich nach anderen Partnern um.
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Wien. Der Wiener Tierschutzverein (WTV) hat seine Forderung nach mehr Geld von der Stadt Wien bekräftigt. Schließlich habe sich die Verweildauer im Vösendorfer Tierschutzhaus drastisch erhöht und es würden auch immer mehr kranke Tiere abgegeben werden, erklärte Vereinspräsidentin Madeleine Petrovic am Montag.
Die Stadt Wien reagiert verärgert: "Frau Petrovic ist für uns seit einer Woche nicht erreichbar und richtet uns ihre Forderungen über die Medien aus, das ist keine Diskussionsgrundlage", meint etwa die Sprecherin der zuständigen Tierschutzstadträdtin Ulli Sima. Auch die Forderungen von Petrovic seien nicht nachvollziehbar: "Wir haben die Zahlungen seit 2007 nahezu verdoppelt. Wurden 2007 rund 461.000 Euro an den WTV bezahlt, so waren es im Jahr 2012 schon 865.000 Euro", betont die Sprecherin.
5 Millionen Jahresbudget
Verwundert zeigt man sich auch darüber, dass Petrovic den neuen angebotenen Standort für das Tierheim ablehnt. "Das ist ein 30.000 Quadratmeter großes Top-Grundstück mit einem Wert von 9 Millionen Euro. Es ist gut angebunden und Altlasten-frei." Nachsatz: "Wir tun uns wirklich schwer in Zeiten der Krise, wo alle den Gürtel enger schnallen, bereits erhöhte Zahlungen nochmals zu erhöhen. Wir werden aber auf alle Fälle zum Wohle der Tiere eine Lösung finden - mit oder ohne WTV", so die Sprecherin.
Der Tierschutzverein verfügt insgesamt über ein Jahresbudget von 5 Millionen Euro, wovon die Stadt rund 15 Prozent abdeckt - um die ersten 30 Tage einer Tieraufnahme zu finanzieren. "Und wir sind im Moment randvoll", betont wiederum Petrovic. 1800 Tiere betreut der Verein derzeit, neben Hunden und Katzen auch zwei erwachsene Lamas, die auf der Donauinsel ausgesetzt wurden. Alleine in der ersten Juliwoche seien 30 Hunde abgegeben worden. Vor allem gebe es immer mehr kranke Jungtiere, beklagt Petrovic. Und der 2010 eingeführte Hundeführschein erschwere zudem eine Abnahme von Tieren, da selbst für das Spazierengehen ein eigener Schein pro Hund benötigt werde.
"Wien ist außerdem Drehpunkt für Tierhandel", meint die Vereinspräsidentin. Die Stadt liege an der Wohlstandsklippe zu Osteuropa. Viele Tiere würden illegal verkauft; meist mit Krankheiten und gefälschten Dokumenten. Besonders in Gänserndorf gibt es laut Petrovic viele Fälle von "Animal Hording": Einzelpersonen halten zig Tiere in ihrer Wohnung, von manchen wurden schon mehr als 100 Tiere an den WTV geliefert.
Abgesehen davon stünden in dem von Altlasten in Mitleidenschaft gezogenen Tierschutzheim in Vösendorf laufend Reparaturen an der Tagesordnung. Die acht Zwinger in der Tier-Erstaufnahme sind mit schwarzem Schimmel befallen und wurden laut Petrovic vom Arbeitsinspektorat gesperrt.
Kontaminiertes Wasser, das täglich in das Gebäude eindringe, erreiche derzeit einen Pegel von 40 bis 60 Zentimeter. Dieses dürfe aber auch nur noch drei Jahre lang in den Vösendorfer Kanal abgepumpt werden. Vor zwei Wochen sei selbst das Trinkwasser in den Gebäuden verunreinigt gewesen. Die Feuerwehr Vösendorf musste ausrücken, um das Heim mit Trinkwasser zu versorgen, klagte Petrovic.
Suche nach neuen Partnern
Eine Sanierung der derzeitigen Liegenschaft komme laut Petrovic jedenfalls nicht in Frage. Die Beseitigung der giftigen Altlast würde laut derzeitigen Schätzungen 100 Millionen Euro kosten - wofür allerdings nicht der WTV aufkommen müsste. Aber auch von dem neuen Grundstück, das die Stadt angeboten hatte, sei sie wenig begeistert, da dort Wohnhäuser sehr nahe liegen würden. Beim WTV hofft man vielmehr, dass die Stadt Wien doch noch einlenkt und mehr Geld für die Akutversorgung zur Verfügung stellt.
Doch dort zeigt man sich unnachgiebig - und sucht bereits nach neuen Partnern. Wird nämlich keine Einigung zwischen Stadt Wien und WTV erzielt, muss sich die Stadt selbst um die betroffenen 2000 Tiere im Jahr kümmern, die bisher vom WTV aufgenommen wurden. Eine neue stadteigene Tierschutzeinrichtung - das "TierQuartTier" in Donaustadt - befindet sich ohnehin bereits in Bau. Wenngleich man mit nur einem Tierschutzhaus alleine nicht das Auslangen finden wird können. Wenigstens darüber sind sich sowohl die Stadt als auch der Wiener Tierschutzverein einig.
Wissen
Laut Spendenbericht 2012 befindet sich der Wiener Tierschutzverein (WTV) mit rund
4 Millionen Euro Spendenaufkommen pro Jahr unter den 25 finanzkräftigsten NGOs in Österreich. Einerseits habe der Verein sehr treue Mitglieder, außerdem gebe es auch immer wieder Erbschaften, erklärt man beim WTV die Herkunft der Spendengelder.
Der Verein beschäftigt 100 Mitarbeiter, darunter drei Tierärztinnen, und betreibt einen Tier-Rettungswagen.