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Blutige Stierkämpfe, Treibjagden auf Füchse und Hahnen-Duelle sind in einigen Regionen der EU immer noch wichtiger Bestandteil sonntäglicher Unterhaltung. Anfragen wütender Tierschützer muss die EU-Kommission regelmäßig mit der Auskunft begegnen, man hätte keine Handhabe bei der Nutzung von Tieren "zu sportlichen Zwecken". Das stimmt: In einem Zusatzprotokoll zum EU-Vertrag von Amsterdam ist verankert, dass "Praktiken in einzelnen Ländern", bei denen Tiere für spezielle "kulturelle Traditionen" und "religiöse Riten" verwendet werden, zu respektieren seien.
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Mit gutem Grund hat die EU diesen Bereich bisher unangetastet gelassen: Denn wer es etwa wagen sollte, Hand an die in England äußerst beliebte Fuchsjagd zu legen, muss mit militantem Widerstand rechnen. So geschehen im vergangenen Monat: Nachdem das britische Unterhaus einem völligen Verbot des zweifelhaften Jagdvergnügens zugestimmt hat, erhob sich eine Welle der Empörung: Die Londoner Tageszeitung "The Guardian" berichtete, dass einige Briten mit einer "Hetzjagd" auf Regierungspolitiker gedroht hätten. Gemäßigtere Jagd-Fans wollen sich mit Straßenblockaden begnügen, andere drohen sogar mit Terroranschlägen auf Autobahnen und Regierungsgebäude. Kronprinz Charles will im Falle eine Jagdverbotes ins Exil gehen. "Weite Teile der Landbevölkerung sind empört, weil die Fuchsjagd für sie ein wichtiger Wirtschaftszweig ist", so Mechthild Mench von "Fight against Animal Cruelty" (FAACE) gegenüber der "Wiener Zeitung".
Ein Gesetz zur Abschaffung des traditionellen Stierkampfes wird in Madrid erst gar nicht erwogen. Die Reaktionen der Befürworter des rituellen Schlachtens wären, so ist anzunehmen, ähnlich wie die in England. Undenkbar auch ein Verbot der beliebten "Becerradas Populares", wobei ein Rudel Jungstiere durch die Stadt gejagt und anschließend in der Arena getötet wird.
Tierschützer bezweifeln allerdings, dass die Mehrheit der EU-Bürger hinter diesen blutigen Spektakeln stehen: Immer häufiger wir die EU-Kommission Ziel organisierten Lobbyings. Die Vereinigung FAACE wirft der Brüsseler Behörde etwa vor, im Jahr 2002 mehr als 21 Millionen Euro über die allgemeine Landwirtschaftsförderung an spanische Kampfstierzüchtern gezahlt zu haben. Dies sei ein "Schlag ins Gesicht des europäischen Steuerzahlers", so die Tierschützer. Die Kommission selbst hat es bislang nicht gewagt gegen diese Formen der Tierquälerei vorzugehen. EU-Regulierungen gibt es bis dato vor allem im Bereich des Vogelschutzes, um das Aussterben seltener Arten zu verhindern.
Hahnenkämpfe, wie sie in Andalusien heute noch sehr populär sind, fallen daher nicht unter EU-Recht. Die geschätzten 10.000 Züchter von kämpfendem Federvieh, die es in Spanien geben soll, haben daher nichts zu befürchten. Nach den Vorschriften sollten die Veranstaltungen nur im privaten Rahmen und ohne Wetteinsatz stattfinden, was in der Praxis natürlich nicht geschieht.
Europas Tierschützer gehen in die Offensive
Die Tierschützer nutzen unterdessen verstärkt auch die Möglichkeiten des Internets, um Druck auf die EU-Kommission auszuüben. Unter dem Motto "Die Europäischen Union gestattet sadistische Tierquälerei aus Gründen der Tradition" wurde etwa auf der Homepage: http://www.thepetitionsite.com/ eine Unterschriftenaktion gestartet. Nach Angaben der Betreiber haben bereits 6.562 Personen auf diese Weise ihren Unmut bekundet. Die Tierschützer von FAACE fahren unterdessen noch schwerere Geschütze auf und verlangen von dem für Regionalförderung zuständigen EU-Kommissar Michel Barnier, jene spanischen Gemeinden, die brutale Stierhatzen durchführen, aus dem EU-Interreg-Förderprogramm auszuschließen. Was in Brüssel freilich nicht ernsthaft erwogen wird.