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Tierwohl oder Populismus?

Von Tamara Arthofer

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WZ Tamara Arthofer
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Reiten oder Radfahren - eh egal, fängt beides mit "R" an, bei beidem sitzt man im Sattel. Einen großen Unterschied gibt es dennoch: Bei dem einen hat man ein Sportgerät - dass das beim anderen nicht so ist, sollte sich von selbst verstehen. Und genau daran entzündet sich die Debatte im Modernen Fünfkampf:

Weil ein Pferd von seiner Reiterin Annika Schleu bei Olympia allzu hart angefasst worden war - deren Trainerin Kim Raisner hatte ihm sogar einen Faustschlag verpasst -, will man die Disziplin nun durch Radfahren ersetzen. Dabei hatte Weltverbandschef Klaus Schormann vor kurzem noch erklärt, Reiten bleibe selbstverständlich "integraler Bestandteil des Modernen Fünfkampfs", schließlich sei die "Unvorhersehbarkeit", wenn ein Reiter nur kurz Zeit hat, sich auf das ihm zugeloste Pferd einzustellen (und vice versa), "Teil des dramatischen Spektakels".

Das kann man so sehen - muss man aber nicht. Schließlich sind Pferde nicht dazu geboren, der grölenden Menge Spektakel zu bieten, schon gar nicht auf die Weise, wie das in Tokio bei dem sichtlich verängstigten Tier der Fall war. Dennoch hat die Debatte etwas Scheinheiliges.

Denn statt über durchaus hinterfragenswerte Usancen im Modernen Fünfkampf, aber auch über manche im Reitsport generell, ernsthaft nachzudenken, wird nun möglicherweise ein (hasserfüllt diskutierter) Einzelfall zum Anlass genommen, eine Disziplin mit einem Gertenstreich zu verbannen - um die Sportart an sich bei Olympia zu retten. Und das hat nicht (nur) mit Tierwohl, sondern schon auch mit Populismus zu tun.