VKI-Ratgeber hilft, gute Vorsätze in die Tat umzusetzen.
Wien. "Das Jahr ohne Toilettenpapier" lautete der Titel eines Artikels, den die "New York Times" im März 2007 dem Sachbuchautor und Blogger Colin Beavan widmete. Beavans Experiment, mit seiner Familie ein Jahr lang in New York City klimaneutral zu leben, erregte weltweit Aufsehen. Zu den Regeln des "No-impact-man" gehörte, keinen Abfall zu produzieren außer Kompost, nichts zu kaufen außer Nahrungsmittel, die innerhalb eines 250-Meilen-Radius hergestellt wurden, keine Kohlenstoff-basierten Transportmittel zu benutzen und keine Papierprodukte zu benutzen, also auch kein Klopapier.
Wer einen nachhaltigen Lebensstil pflegen will, muss aber nicht gleich sein ganzes Leben umkrempeln. Bewusst einkaufen, Produkte sinnvoll verwenden und Alternativen zum Wegwerfen nutzen: Jeder Einzelne kann in vielerlei Hinsicht dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen. Unterstützung gibt es vom Verein für Konsumenteninformation (VKI), der eine Sammlung von Tipps für Menschen, denen die Umwelt ein Anliegen ist und die sich für faire Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern einsetzen wollen, zusammengestellt hat.
Umfragen zufolge ist die Hälfte aller Verbraucher an nachhaltigem Konsum interessiert. "Aber nur zehn Prozent der Befragten setzen dieses Anliegen auch in der Praxis um", weiß Susanne Wolf, Journalistin und Autorin des VKI-Ratgebers "Nachhaltig leben". Der Beginn eines neuen Jahres ist die perfekte Gelegenheit, um die guten Vorsätze in die Tat umzusetzen.
Beim Einkaufen mitdenken
Beginnen wir beim Essen. Mit jedem Kauf von Obst, Gemüse oder Fleisch treffen Konsumenten eine Entscheidung für oder gegen Lebensmittel aus der Region, für oder gegen lange Transportwege, für oder gegen faire Produktions- und Arbeitsbedingungen, für oder gegen Bio-Qualität. Was man tun kann: Beim Lebensmitteleinkauf auf saisonale und regionale Produkte zurückgreifen, Bio-Produkte kaufen, am besten von kleineren Händlern oder direkt beim Bio-Bauern, Einkaufsgemeinschaften gründen, weniger Fleisch und Wurst essen, heimischen Fisch bevorzugen.
Auch in den eigenen vier Wänden lassen sich Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit umsetzen. Wolf hat eine Menge - zum Teil schon altbekannte, aber vielleicht in Vergessenheit geratene - Anregungen parat, wie sich Strom- und Warmwasserverbrauch im Alltag reduzieren lassen, etwa indem man den Stand-by-Betrieb bei Elektrogeräten vermeidet, duscht statt badet oder Wäsche mit niedrigeren Temperaturen wäscht. Was sich ebenfalls bewährt: Die Heizung runterdrehen, denn mit jedem Grad Raumtemperatur spart man bis zu 6 Prozent Heizenergie.
Ökostrom muss nicht teuer sein
Gute Nachricht für all jene, die mit dem Gedanken an einen Umstieg auf Ökostrom spielen: Klimafreundlicher Strom ist in vielen Fällen billiger als der von herkömmlichen Anbietern. Vier Ökostromanbieter sind mit dem Österreichischen Umweltzeichen "Grüner Strom" ausgezeichnet und beliefern das gesamte Bundesgebiet: AAE Naturstrom GmbH, Enamo Ökostrom GmbH, Naturkraft Energievertriebsgesellschaft mbH und oekostrom AG.
Wer sich neue Möbel aus Holz anschaffen will, sollte auf deren Herkunft achten. Einige Holzarten wie Mahagoni oder Teak kommen aus bedrohten Urwäldern oder aus Plantagen auf ehemaligen Urwaldgebieten und sollten gemieden werden. Holz und Holzprodukte mit dem Österreichischen Umweltzeichen stammen überwiegend aus nachhaltiger Forstwirtschaft und enthalten keine umwelt- und gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffe.
Weniger Benzin verbrauchen
Wer ein Auto sein Eigen nennt, weiß, dass der fahrbare Untersatz das Haushaltsbudget ordentlich beansprucht. Bei einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern kommt man schnell auf Gesamtkosten zwischen 6000 und 9000 Euro pro Jahr, rechnet der VKI vor. Die Spritkosten kann man mit einigen einfachen Maßnahmen senken, etwa indem man kurze Strecken nicht mit dem Auto zurücklegt oder den Reifendruck regelmäßig kontrolliert. Gut für die Umwelt und für die Geldbörse ist auch die Bildung von Fahrgemeinschaften. Wer das Auto nur gelegentlich braucht, kann auf Leihautos oder Carsharing zurückgreifen.
Die Ausgaben für Bekleidung oder Schuhe belasten das Konto zwar nicht ganz so stark wie Wohnen und Verkehr, doch auch hier lässt es sich sparen und ein Zeichen für Nachhaltigkeit setzen. So rät Susanne Wolf, Secondhand-Mode oder zumindest qualitativ hochwertige und langlebige Kleidung und Schuhe zu kaufen und sich in den Shops nach den Produktionsbedingungen der verkauften Ware zu erkundigen. Faire und ökologische Mode, wenn auch nicht immer mit Gütesiegel, gibt es unter anderem bei Fairtrade, Göttin des Glücks, Adler Moden oder Schiesser. Vor dem Shopping-Trip empfiehlt sich die Überprüfung des Bedarfs, denn zumeist sind die Kleiderschränke ohnehin gut gefüllt. Das Geld, das man sich dadurch spart, kann zum Beispiel für Reisen ausgegeben werden - am besten mit der Bahn.
Ein umfassendes Kapitel widmet Wolf dem Thema Müll und Ressourcenschonung. Auch hier sind die Tipps simpel: Zu Mehrweg- beziehungsweise unverpackten Produkten greifen, langlebige Ware kaufen, reparieren lassen statt wegwerfen, nicht mehr Benutztes verschenken, Müll trennen und darüber überdenken, ob man gewisse Dinge überhaupt benötigt, etwa das allerneueste Smartphone oder Tablet. Ein Serviceteil mit Literatur- sowie Filmtipps, Links und Adressen von Organisationen und Netzwerken rundet den Ratgeber ab.
Apropos Netzwerke: Die Facebook-Seiten von Händlern oder Herstellern würden sich hervorragend dafür eignen, öffentlich unangenehme Fragen zu stellen oder Protest auszudrücken, so Wolf. Sie ortet in ihrem Umfeld verstärktes Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen, aber auch eine gewisse Resignation. "Ich höre immer wieder: Was können wir in unserem kleinen Österreich schon tun? Ich sage dann immer: Irgendwer muss ja anfangen."
Nachhaltigkeit
Das Wort "Nachhaltigkeit" stammt laut Wikipedia von "nachhalten" mit der Bedeutung "längere Zeit andauern oder bleiben". Die Ursprünge des Begriffs Nachhaltigkeit finden sich in der Forstwirtschaft: Nachhaltige Nutzung bezeichnet hier die Bewirtschaftungsweise eines Waldes, bei der immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann. Die erstmalige Nutzung des Begriffes Nachhaltigkeit in deutscher Sprache im Sinne eines langfristig angelegten verantwortungsbewussten Umgangs mit einer Ressource ist bei Hans Carl von Carlowitz 1713 in seinem Werk "Silvicultura oeconomica" nachgewiesen.
David Munroe, Generaldirektor der Internationalen Naturschutzunion, verwendete den Begriff "sustainable development" erstmals im Jahr 1980. Später fand diese Formulierung den Weg in die Agenda 21 der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung, und schließlich in die Umweltpolitik als "nachhaltige Entwicklung". Diese wurde 1997 als grundlegendes Ziel der Europäischen Gemeinschaft im Vertrag von Amsterdam verankert und stellt eines der Hauptziele der EU dar.
Das Konzept des ökologischen Fußabdrucks wurde 1994 von Mathis Wackernagel und William Rees entwickelt. Er gibt in Hektar an, wie viel Fläche jemand aufgrund seines Konsumverhaltens zur Befriedigung seiner Bedürfnisse benötigt. Der größte Faktor im ökologischen Fußabdruck ist der Ausstoß von Treibhausgasen, der seit 1961 weltweit auf den elffachen Wert gestiegen ist. Der ökologische Fußabdruck der Menschheit beträgt 18 Milliarden globale Hektar, jener der Österreicher
44 Millionen globale Hektar.
Quellen: Wikipedia; Susanne Wolf: "Nachhaltig Leben", Hrsg.: VKI, Wien 2013