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Tipps für Voggenhuber

Von Andreas Mölzer

Gastkommentare

Wie schön: Basisdemokratie und Persönlichkeitswahlrecht, das sind doch Dinge, für die man eintreten muss. Zumal wenn man fortschrittliche und bürgernah ist, wie dies die Grünen ja sein wollen. Wenn einmal die Chance besteht, basisdemokratisch und persönlichkeitsorientiert wählen zu lassen, kommen bei der Parteispitze der Grünen heftige Zweifel auf. Da könnte der Wähler möglicherweise doch ganz anders entscheiden als die Partei-Oligarchie. So im Falle des langgedienten EU-Abgeordneten Johannes Voggenhuber. Er, der vom heftigen EU-Kritiker ins Zentrum des EU-Establishments aufgerückt ist und dem Vernehmen nach ein wenig abgehoben war, wurde nun daran gehindert, einen EU-Vorzugsstimmenwahlkampf zu führen.


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Als Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig Voggenhuber am vergangenen Parteitag abblitzen ließ und dann noch - nicht ganz ohne Häme - zur Solidarität aufrief, hatte sie natürlich noch keine Detailkenntnis von den Möglichkeiten, die ein Vorzugsstimmenwahlkampf im Zuge des österreichischen EU-Wahlrechts bietet. Als dann Voggenhuber - ebenfalls nicht ganz ohne Häme - just eine "Solidaritätskandidatur" ankündigte, ging seiner Parteichefin ein Licht auf. Sie habe keine Lust, bis Ende Juni interne Streitereien zu haben und könne es nicht dulden, dass Voggenhuber wie seinerzeit der böse Mölzer vom hinteren Range aus die Reihung der Partei auf den Kopf stelle.

Um in den grünen Reihen endlich gelebte Basisdemokratie und echtes Persönlichkeitswahlrecht zum Tragen kommen zu lassen, hätte es der Grüne aus Salzburg zuerst schaffen müssen, auf die Liste zu kommen. Wenn die Liste dann eingereicht ist, hätte er seiner Partei und insbesondere seinem Spitzenkandidaten signalisieren müssen, dass er natürlich der Bessere ist. Dann hätte Voggenhuber ein prominentes Personenkomitee gebraucht, das die eigene Partei hätte Mores lehren können. Wenn er dann mehr Vorzugsstimmen geschafft hätte als die eigenen Spitzenkandidaten und zumindest sieben Prozent der eigenen Parteistimmen, wäre er an ersten Platz vorgerückt und hätte wohl das erreichen können, was auf der blauen Seite im Jahr 2004 erreicht werden konnte, dass nämlich das einzige grüne Mandat an ihn gegangen wäre und Frau Lunacek ihre peruanische Lebensgefährtin in Brüssel nicht auf EU-Parlamentskosten hätte besuchen können.

All das hätte die Bereitschaft impliziert, die eigene Gruppe zu spalten. Als Haider und die FPÖ-Spitze 2004 bei den EU-Wahlen konterkariert wurden und sowohl Bundesspitzenkandidat als auch Kärntner Spitzenkandidat der Lächerlichkeit preisgegeben war, dürfte dies der erste Schritt zur freiheitlichen Spaltung gewesen sein. Ob ein Vorzugsstimmenwahlkampf Voggenhubers eine reale Aufspaltung der Grünen in Realos und Fundis nach sich gezogen hätte, weiß man nicht. Eine tiefe Kluft in der Grünpartei gibt es nun so oder so.

Andreas Mölzer ist Abgeordneter im Europaparlament. Er wird dem deutschnationalen Flügel der FPÖ zugerechnet.