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Tiroler Machtspiele

Von Matthias Nagl

Politik

Urnengang im Gange: Heute entscheiden die Tiroler, ob die ÖVP im Land an der Macht bleibt. | Endergebnis soll bis 20.00 Uhr feststehen.


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Innsbruck. Es ist die bundesweit am wenigsten beachtete der vier Landtagswahlen in diesem Jahr. Doch bei der Tiroler Landtagswahl am Sonntag könnte Historisches passieren. Nachdem die ÖVP schon bei der Wahl 2008 mit 40,5 Prozent einen historischen Tiefpunkt erreichte, könnte es dieses Mal weiter bergab gehen und erstmals eine Regierung ohne Beteiligung der ÖVP geben.

"Alle gegen die ÖVP"

Auch die ÖVP selbst warnte im Wahlkampf genau davor und stilisierte sich als Anker der Stabilität im drohenden Chaos und warf dem Rest der elf antretenden Listen vor, "Alle gegen die ÖVP" als Wahlkampfmotto ausgerufen zu haben. Auf ihren Plakaten wird angesichts der Listenvielfalt vor "italienischen Verhältnissen" gewarnt - was angeblich sogar den Italienischen Botschafter in Wien auf den Plan gerufen hat. Tatsächlich entscheidet das Wahlergebnis der ÖVP über die nächste Tiroler Regierung. Die Umfragen sagen der Partei Verluste zwischen zwei und zehn Prozentpunkten voraus.

Erreicht die ÖVP das Wahlziel von Landeshauptmann Günther Platter, das Halten der 16 Mandate, oder bleiben die Verluste moderat, wird es wohl keine Regierung gegen die ÖVP geben. SPÖ-Vorsitzender Gerhard Reheis, der mit den Grünen und der neuen Liste Vorwärts Tirol in den Umfragen um Platz zwei kämpft, hat bereits angekündigt, keine Koalition mit mehr als drei Parteien bilden zu wollen. Vorwärts Tirol wird von ÖVP- und SPÖ-Dissidenten angeführt und ist eine von mehreren bürgerlichen Listen, die sich von der ÖVP losgesagt haben.

Selbst für den Fall starker Verluste für die ÖVP ist angesichts der vielen Listen fraglich, ob drei andere Parteien eine Mehrheit bilden können. Allerdings könnte Platter in diesem Fall innerparteilich unter Druck kommen und Tirol einen neuen ÖVP-Landeshauptmann bekommen. Auch inhaltlich könnte die Volkspartei in diesem Fall gezwungen sein, sich stärker zu bewegen.

Stabilität oder Wandel?

Schon jetzt verläuft die Trennlinie etwa beim Thema Agrargemeinschaften zwischen der ÖVP und dem Rest. Dieses Thema wurde von der Opposition im Wahlkampf massiv thematisiert. Beobachter halten es für wahlentscheidend. Auch bei der vergangenen Wahl hatte das Thema entscheidenden Einfluss. Damit in Verbindung steht der Vorwurf der Seilschaften und Netzwerke an die Platter-ÖVP.

Abgesehen davon hätte der Wahlkampf inhaltlich zahlreiche Tirol-spezifische Themen zu bieten gehabt. So ist die Transitfrage und ein damit verbundenes Lkw-Fahrverbot seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wieder offen, und vor allem die Grünen versuchten Fragen des Naturschutzes und des damit verbundenen Tourismus zu thematisieren. Das Klassiker-Thema Wohnen - in Tirol aufgrund des niedrigen Einkommensniveaus und hoher Wohnungspreise besonders drängend - wurde von allen Parteien thematisiert.

Letztendlich dominierten einerseits der Ruf nach Stabilität und andererseits der Ruf nach Wandel und damit die Frage, wie die Regierung aussehen soll.