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Tirols ruppiger Rebell teilt aus

Von Veronika Gasser

Europaarchiv

Dem "gnadenlosen Krieg mit dem Auspuff", den die EU mit dem Transit führt, will sich der Chef des Transitforums, Fritz Gurgiser, stellen. Der Tiroler Freiheitskämpfer für die Gesundheit seiner Mitbürger möchte allerdings nicht mit seinem Landsmann Andreas Hofer verglichen werden.


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"Ich bin der Gurgiser und fertig. Vergleiche mag ich nicht so gern. Und Andreas Hofer ist für mich ein schlechtes Beispiel, den haben sie schließlich erschossen." Fritz Gurgiser will als Vater von zwei Kindern noch länger an vorderster Front gegen den Transit kämpfen. Sein Lebensmotto: Wer aufgibt, hört auf zu leben.

"Ich seh mich als Bürgerrechtler, der mit einer guten Truppe für die Gesundheit der Bevölkerung kämpft. Allerdings erkennt er in seinem Partisanendasein sehr wohl eine Parallele zur Bergisel-Schlacht von 1809. "Damals wurde mit der Waffe gemordet, doch statt mit Kugeln geht das heute viel hinterlistiger mit dem Auspuff: Denn das Gift sieht man nicht." Die Frächterlobby habe von der EU unterstützt ein gnadenloses kriminelles System aufgebaut.

Seit 16 Jahren widmet sich der 51-jährige Angestellte eines Innsbrucker Metallgewerbebetriebs dem Kampf gegen den "Transit-Terror". Dabei habe er 90 Prozent der Tiroler Bevölkerung hinter sich.

Nach dem Scheitern der Transitverhandlungen plant er schon die nächsten Autobahnblockaden, zu denen er sich Unterstützung von den Tiroler Schützen erwartet. Wann die ersten Aktionen gesetzt werden, will er nicht verraten. Soviel sei klar: Zuerst müssten Bundesregierung und Land alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Er gibt ihnen dafür drei Wochen Zeit. Danach seien die Transitgegner jederzeit einsatzbereit. Für ihn ist die EU-Entscheidung, wonach nun Transit ungehindert über Österreich hinwegrollen darf, EU-rechtlich nicht haltbar. Eine "wild gewordene EU-Kommission, aus Stalinisten und Anarchisten" würden die Regeln aus dem Beitrittsvertrag brechen. Er habe Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach geraten, gegen die Ratsentscheidung sofort Nichtigkeitsbeschwerde zu erheben. Gorbach hätte dem auch schon zugestimmt, jetzt sei das Bundeskanzleramt am Zug. "Damit sind wir nochmals im Spiel." Die Verhandlungen müssten neu aufgenommen werden. Empört ist Gurgiser über die diplomatischen Vertreter Österreichs in der EU. Einer hätte versucht, Gorbach mit den Worten, "es geht immerhin um die Reputation" zu beknien, den Transit-Kompromiss anzunehmen. Mit solchen Österreich-Vertretern, denen es nicht um die Gesundheit der Bevölkerung sondern nur um die heile Stimmung bei Abendessen ginge, hat der Tiroler wenig Freude. Aber auch die Politiker hätten in der Transit-Angelegenheit schon vor dem EU-Beitritt versagt.

"Schon die Basiszahlen für den Transitvertrag waren zu niedrig und falsch." Und seit den Sanktionen gehe es "nur noch um Charme-Offensiven, bei denen jedesmal Kompromissbereitschaft in allen Fragen signalisiert wurde". Doch mit solchen Ansagen könne man sich nicht durchsetzen. "Ex-Verkehrsminister Mathias Reichhold hat mir sogar gestanden, dass er die Anweisung hatte, die Begrenzung der Transitfahrten nicht anzusprechen." Der grundlegende Irrtum der Wirtschaft heiße Verkehr ist Leben, das Gegenteil sei der Fall. "Der Verkehr wird die Wirtschaft ruinieren, weil die Arbeitsplätze weggefahren werden." (siehe unten)

Trotzdem gebe es auf EU-Ebene immer noch keine Verkehrspolitik geschweige denn Sensibilität für das Thema. Dass die Erweiterung ein Erfolgsprojekt werde, glaubt er nicht. Vielmehr werde wegen der billigen Produktion in den Kandidatenländern noch mehr Verkehr über Österreich hereinbrechen. Erst wenn es in der ganzen EU ein einheitliches Steuersystem gebe, würde sich der "Verkehrswahnsinn" nicht mehr auszahlen.