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Tobin-Steuer kommt aufs Tapet in der EU

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder ist bereit, über die Einführung der so genannten "Tobin-Steuer" auf Devisentransaktionen zu diskutieren. Die Abgabe dürfte auch beim heutigen deutsch-französischen Gipfel zur Sprache kommen.


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Wie man auf die "Verselbstständigung spekulativer Finanzströme" reagieren könne, darüber wolle er sehr wohl mit den europäischen und französischen Partnern reden, sagte gestern Schröder in einer Grundsatzrede bei einer Wirtschaftstagung der SPD.

Zuletzt hatte sich Schröders Amtskollege und Parteifreund, Frankreichs Premierminister Lionel Jospin, für eine Abgabe auf Devisentransaktionen ausgesprochen. Finanzminister Laurent Fabius und sein deutscher Kollege, Hans Eichel, lehnen den Vorstoß jedoch ab. Im Gegenzug brachte Frankreich die Besteuerung von Waffenexporten zur Sprache.

Die vor mehr als 20 Jahren von dem US-Ökonomen und Nobelpreisträger James Tobin erdachte Steuer wird von Globalisierungskritikern heftig gefordert. Die Tobin-Steuer wurde denn auch vom belgischen EU-Vorsitz auf die Tagesordnung ihrer Ratspräsidentschaft gesetzt (die "Wiener Zeitung" berichtete bereits). Die Frage soll beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister Ende September in Lüttich diskutiert werden.

Die europäischen Grünen brachten im Vorjahr im Europäischen Parlament einen Antrag auf Einführung einer Steuer auf Devisengeschäfte ein. Erfolglos. Die Tobin-Steuer könnte 150 bis 300 Mrd. Dollar weltweit bringen, schätzt Attac (Association pour une taxation des transactions financières pour l´aide aux citoyens), das parteiunabhängige Netzwerk von Globalisierungsgegnern. Die Summe sollte der Entwicklungshilfe dienen.

Europas Politiker sehen das anders: Die Abschöpfung von spekulativen Gewinnen würde Auslandsinvestitionen gefährden, meinte Frankreichs Finanzminister Fabius. Auch Hans Eichel ist skeptisch, ob mit der Steuer die Stabilisierung der Finanzmärkte und Geldbeschaffung für Entwicklungsländer erreicht würden. Die Diskussion, wie diese Ziele zu erreichen seien, sollte nicht auf ein Instrument verengt werden.