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Todesangst kann Flügel verleihen

Von Walter Hämmerle

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Nichts wird es aus einer Wahlplattform von ÖVP und Neos - oder vielleicht doch?


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Also einerseits ist es ja so, dass Angebot immer auch Nachfrage schafft. Nach dieser Logik gewinnen zwei Parteien des gleichen Lagers mehr Stimmen, als wenn nur eine kandidiert; und drei schaffen mehr als zwei Parteien. Andererseits kann man sich nie sicher sein, ob diese Parteien anschließend mit- oder gegeneinander regieren. Vertrauen ist nicht von ungefähr gerade unter Gesinnungsgenossen ein besonders zartes Pflänzchen.

Das Konzept steht natürlich auch dem Gegner zur Verfügung. Wie das geht, hat Bruno Kreisky vorgeführt, dessen Strategie darin bestand, das bürgerliche Lager erst zu spalten, indem er die FPÖ förderte, um sodann mit den Blauen zu regieren.

Ob diese Strategie auch langfristig so genial war, wie sie damals schien, kann man heute, wo die FPÖ in Umfragen stärkste Partei ist, streiten. In der Politik geht es um den Nutzen im Hier und Heute und für die nächsten Wahlen.

Da wird derzeit ausnahmsweise nicht überlegt, noch eine neue Partei zu gründen, sondern den umgekehrten Weg zu gehen: Angeblich haben Sebastian Kurz und Matthias Strolz, Hoffnungsträger der ÖVP der eine und Neos-Gründer mit schwarzer Vergangenheit der andere, über Möglichkeiten einer gemeinsamen Wahlplattform unter Einschluss der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss nachgedacht.

Die Neos dementieren zwar heftig, naheliegend wäre es trotzdem. Die ÖVP ist als Partei zu schwach, um seriös Anspruch auf das Kanzleramt anzumelden. Und die Neos zu schwach, um sicher sein zu können, einen Dreikampf Strache-Kern-Kurz politisch zu überleben. Das muss man nicht so sehen, kann man aber. Vor allem, wenn man in Rechnung stellt, dass die ÖVP - wie auf der anderen Seite auch die SPÖ - viel Energie aufwenden wird, für den Wahlkampf die programmatische wie personelle Verengung ihrer Parteien aufzubrechen.

Von der Idee her ist das nicht neu und wurde mehr als nur einmal versucht, am erfolgreichsten mit der Abwerbung Karl-Heinz Grassers 2002 durch die ÖVP. Kaum zu glauben, dass man mit KHG einmal sogar Wahlen gewinnen konnte. Hat aber funktioniert. Einmal, immerhin.

Nach Persönlichkeiten zu angeln, ist allerdings etwas anderes, als wenn sich Parteien zu Plattformen zusammenschließen. Diese müssten entweder formal gemeinsam als wahlwerbende Partei inklusive gemeinsamer Liste antreten, die nach der Wahl dann auch einen Klub bilden; oder aber es wird vor der Wahl die Absicht vereinbart und öffentlich gemacht, nach der Wahl miteinander zu regieren.

Beide Optionen widersprechen nicht nur allen bisherigen Traditionen der heimischen politischen Kultur, wo die Möglichkeiten diverser Regierungskoalitionen erst nach den Wahlen ausgelotet werden. Sie verkennen auch die Tatsache, dass es wesentlich einfacher ist, eine neue Partei zu gründen - oder sich von einer bestehenden abzuspalten -, als zwei existierende Parteien miteinander zu fusionieren. Das funktioniert eigentlich nur dann, wenn es bei einer der beiden oder gleich bei beiden um das nackte politische Überleben geht. So gesehen sind die Gespräche zwischen ÖVP und Neos vielleicht doch noch nicht vorbei.