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Rauchen konnte in der Geschichte auch Kopf und Kragen kosten. Gleichzeitig qualmte es sogar in Kirchen.
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Wien. Der Eindruck, dass die Rechte der Raucher immer stärker eingeschränkt werden, stimmt - aber historisch nur sehr beschränkt. Denn in der Zeit zwischen den ersten Tabak-Importen durch Kolumbus und der großen Tabakfreiheit in den 1950er Jahren gab es Verbote, die wir uns nicht ausmalen wollen. Im Herzogtum Lüneburg im deutschen Niedersachsen stand auf Rauchen bis 1692 theoretisch sogar die Todesstrafe. In Russland drohte die Peitsche oder Verbannung, osmanische Paffer wurden in Scharen geköpft oder gepfählt, in Persien soll ihnen der Hals gar mit flüssigem Blei ausgegossen worden sein. Tabak wurde damals gekaut oder in Pfeifen geraucht.
Auch das im New Yorker Central Park gültige Rauchverbot hat seinen Vorgänger - das Rauchverbot im Berliner Tiergarten. Gilt das aktuelle Verbot über dem Atlantik heute als Ausdruck von Gesundheit und bürgerlicher Ordnung, sah das aufkommende Bürgertum im Berlin der 1840er Jahre eine Unterdrückung durch den Adel, der sich das Recht aufs Rauchen vorbehielt. Die Forderung, es aufzuheben, stand in der bürgerlichen Revolution von 1848 ganz oben auf dem Forderungskatalog. Laut dem Kurator der Tobacco Collection Vienna, Georg Thiel, hätten Studenten demonstrativ auf der Straße geraucht, um die Obrigkeit herauszufordern. Rauchverbote auf der Straße hätten aber auch ganz praktische Gründe gehabt, wie die Angst vor brennenden Strohdächern.
Aus heutiger Sicht nachvollziehbar scheinen die ersten Rauchverbote: Sie galten in Kirchen. Ab 1600 drohte Exkommunikation bei Tabakkonsum, das Rauchverbot wurde in einer Bulle festgehalten. Bis zum Barock war Rauchen in katholischen Kirchen trotzdem nicht unüblich. 1724 hob Papst Benedikt XIII. - seines Zeichens starker Raucher - das Rauchverbot sogar wieder für seine Ära auf.
Im Schützengraben dienten Rauchverbote dazu, dem Feind den Kopfschuss bei der Dämmerung nicht ganz so leicht zu machen. Solche Rauchverbote wirkten aber nicht. Historisch war Tabaknachschub nicht viel weniger wichtig als neue Munition. Tabak nahm den Hunger, beruhigte oder konnte auch aktivieren.
Die Nazis gingen im Sinne der Volksgesundheit in den 30er und 40er Jahren am rigidesten gegen das Rauchen vor und verboten es in öffentlichen Verkehrsmitteln. Hitler soll den Rauch gehasst haben. Ganz verboten wurden den Soldaten ihre Zigaretten nicht, aber rationiert. Im Militär verringerte sich der Tabakkonsum, in der Bevölkerung stieg er trotzdem. Dass Gegner das NS-Rauchverbot nun gegen heutige Verbote ins Treffen führen, das gehört übrigens verboten.