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Gewaltherrscher sterben selten durch Gewalt. Ausnahmen sind Rumäniens Nicolae Ceausescu, der von einem Militärgericht zum Tode verurteilt wurde, oder Liberias Diktator Samuel Doe, der von einer Guerillagruppe - nicht weniger bestialisch als er selbst war - zu Tode gebracht wurde. Häufiger ist das komfortable Exil oder das eigene Land Schauplatz eines natürlichen Todes (Beispiele aus dem vergangenen Jahr: Paraguays Alfredo Stroessner und Chiles Augusto Pinochet).
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Den Tod im Ausland - genauer im Den Haager Gefängnis - starb auch Slobodan Milosevic, einst als serbischer Präsident verantwortlich für Kriege und Massaker. Ihm hätte aber keine Todesstrafe gedroht, denn die EU lehnt diese ab, wie sie nun anhand von derren Vollzug an Saddam Hussein betont. Frankreich, in dem einst der Mediziner und Gegner der Todesstrafe Joseph-Ignace Guillotin das nach ihm benannte Fallbeil erfand, um humaner hinrichten zu können, will das Todesurteil sogar per Verfassung verbieten.
Manche Europäer, darunter SPÖ-Außenpolitiksprecher Caspar Einem, äußern Verständnis für Saddams Hinrichtung, unter Hinweis auf die spezifischen irakischen Verhältnisse oder auf den Kulturkreis. Tatsächlich finden sich unter den 22 Staaten, in denen es 2005 laut Amnesty International Hinrichtungen gab, zwei Nahost-Staaten an vorderster Stelle: Der Iran und Saudi-Arabien liegen zwar weit hinter China, aber noch vor den USA.
Die Saudis zeigen sich allerdings empört über den Tod Saddams am Galgen. Bei ihnen wie in vielen muslimischen Ländern wird die Vollstreckung am ersten Tag des islamischen Opferfestes als Sakrileg empfunden - und als weiterer Versuch des Westens, den Islam herabzuwürdigen. Saddam-Gegner haben das Urteil hingegen mit Freude aufgenommen, auch wenn sich manche, speziell die Kurden, wohl gewünscht hätten, dass es nicht wegen der 148 Toten im schiitischen Ort Dujail gefällt worden wäre, sondern wegen seiner anderen Verbrechen mit tausenden von Todesopfern.
Vor allem im sunnitischen Teil der islamischen Welt wird das - auch im Westen umstrittene - Verfahren und der Tod am Strang aber als Siegerjustiz gesehen. Die Kritik richtet sich dabei ebenso gegen die USA, die im Irak bisher 3000 Tote zu verzeichnen hatten, wie auch gegen den Iran, der die Schiiten im Irak massiv unterstützt.
Diese Frontstellung der beiden verfeindeten Richtungen des Islam lässt viele Beobachter vermuten, dass sich im Irak durch Saddams Tod nicht viel ändern wird. Der Ex-Diktator inszenierte sich noch unter dem Galgen als Märtyrer. Seine Anhänger werden dies wohl auch in einem religiösen Sinn verstehen, zumal die Henker in Hochrufe auf Schiitenführer ausbrachen. Damit rückt der einst säkulare Kurs von Saddams Baath-Partei noch weiter ins Abseits. Die Sunniten könnten sich unter der Fahne der Religion vereinen - keine guten Aussichten für die von den USA angestrebte Aussöhnung. Seite 5