Trumps Steuerreform reißt tiefes Loch in US-Budget.
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Washington. Es ist Donald Trumps wichtigstes und derzeit umstrittenstes Projekt: Die Steuerreform, die die größte seit 1986 werden und bei der kein Stein auf dem anderen bleiben soll. Das US-Repräsentantenhaus hat der Reform bereits zugestimmt. Und im US-Senat haben die Republikaner laut ihrem Mehrheitsführer Mitch McConnell die notwendige Mehrheit zusammen.
Trump verspricht den US-Amerikanern große Entlastungen, vor allem die Mittelschicht soll profitieren. Darüber hinaus würden die Unternehmenssteuern von 35 auf 20 Prozent gesenkt werden.
Doch stößt das Vorhaben der Extraklasse bei vielen Republikanern und Ökonomen auf massiven Widerstand. Und das nicht ohne Grund: Laut neuen Berechnungen würden die geplanten Steuersenkungen den 20 Billionen Dollar hohen Schuldenberg der USA innerhalb von zehn Jahren um eine weitere Billion Dollar erhöhen. Und sie würden die Superreichen reicher und die Armen ärmer machen.
Eine Billion zusätzliches Defizit
Der massive Wegfall von Steuereinnahmen würde den Staat zwar nicht abschaffen, wie Trumps Ex-Chefstratege im Weißen Haus, Steve Bannon das immer gefordert hatte. Der Ultrakonservative hat den Begriff "Administrativer Staat" geprägt, ein System aus Steuern, Regulierungen und internationalen Abkommen, das das Grundübel schlechthin sei und "dekonstruiert" werden müsse.
Die Neuerungen würden aber enorme Löcher ins Budget reißen, von denen völlig unklar ist, wie sie gestopft werden könnten. Trump und seine Mannschaft sehen darin kein Problem. Die Entlastungen schaffen zusätzliches Wirtschaftswachstum, heißt es hier, die Ausfälle wären wettgemacht. Steuerkürzungen beflügelten den privaten Konsum und die Investitionen der Unternehmen, was wieder zu mehr Steuereinnahmen führe.
Der Optimismus, dass das ungehemmte Walten der Kräfte im Endeffekt auch den Fiskus saniert, wurde zuletzt durch Berechnungen des Steuerausschusses im Kongress gedämpft. Hier geht man von zusätzlichen Steuereinnahmen von mageren 407 Milliarden Dollar aus, während der Staatshaushalt mit über einer Billion Dollar zusätzlich belastet würde.
Das ruft die Haushaltswächter in den Reihen der Republikaner auf den Plan. Einen schlanken Staat und Entlastungen für Unternehmer wünschen sich so gut wie alle Vertreter der "Grand Old Party" im US-Kongress. Und kaum jemand bezweifelt, dass das US-Steuersystem nach vier Jahrzehnten überholt werden muss. Jedes Jahr ächzen die Bürger bei der Steuererklärung unter den komplizierten Vorschriften und mit 35 Prozent sind die Unternehmenssteuern im internationalen Vergleich hoch angesetzt. Doch was Trump jetzt will, geht vielen Republikanern zu weit.
Die Steuerpläne seien ein "tödlicher Etat-Sprengsatz" kritisiert auch das politisch unabhängige "Committee for a Responsible Federal Budget". Die University of Chicago befragte 38 Ökonomen aus verschiedenen politischen Lagern - 37 meinten, dass die Reform ganz sicher zu einem weiteren Wachsen des Schuldenbergs führen werde. Sogar Großinvestoren wie Warren Buffet haben sich zuletzt kritisch geäußert. Doch all diese Warnungen halten einen Mann wie Donald Trump nicht auf: Bis Weihnachten will er seine Unterschrift unter den "Tax Cuts and Jobs Act" setzen, hat er versprochen. Und es sieht so aus, als würde es klappen. Zuletzt muss der Entwurf des Repräsentantenhauses dem des Senats angeglichen werden. Der neue Entwurf muss dann noch von beiden Kammern abgesegnet werden.
Stellt sich die Frage, wem Trumps Steuerreform nützt. "Die reichsten Amerikaner und Konzerne machen einen Reibach, während Amerikaner aus der Mittelschicht die Dummen sind", bringt der demokratische Senator Chuck Schumer seine Kritik auf den Punkt. Ökonomen fällt auf, dass die Steuern zum Wohle der Reichen auf dem Rücken von Ärmeren gekürzt werden sollen. Das Gesetz führe zu großen Problemen in der Krankenversicherung und verschlimmere die Ungleichheit in der Gesellschaft stark.
Das "Budget Office" des Kongresses, das Politiker mit harten Fakten versorgen soll, hat errechnet, dass Haushalte mit Einkommen unter 40.000 Dollar nach der Reform schlechter gestellt wären als davor. Auch Haushalte mit einem Einkommen unter 75.000 Dollar würden schlechter dastehen, sobald Steuervergünstigungen auslaufen. Bis jetzt konnte man etwa den Teil der Einkommenssteuer, die jeder Bundesstaat in eigener Regie erhebt, von der beim Bund zu zahlenden Steuer abziehen. Das soll bald nicht mehr möglich sein. Verlierer sind tendenziell Menschen in demokratisch dominierten Staaten wie New York, New Jersey und Kalifornien - dort sind die lokalen Steuern besonders hoch.
Richtig zu Zug kommen allerdings die Superreichen: Die "Estate Tax" etwa, eine Erbschaftsteuer auf teure Villen, soll ersatzlos fallen. Außerdem wird die so genannte "Alternative Minimum Tax" abgeschafft. Die sorgt dafür, dass Reiche ihrer Steuer nicht über verschlungene Konstrukte völlig entkommen können.
Trump spart Milliarde
Eine Untersuchung von Steuerexperten in Washington ergab, dass die, die mehr als 700.000 Dollar im Jahr einnehmen, im Durchschnitt künftig 13 Prozent mehr netto bekommen. Bei einem Einkommen von mehr als 3,7 Millionen Dollar beträgt die Entlastung sogar 14 Prozent. Trump und seine Familie würden rund eine Milliarde Dollar Steuern sparen, sollte die Reform finalisiert werden.
Kein Wunder, dass auch viele Republikaner kein gutes Gefühl bei der Sache haben. Hier fürchtet man die Rache des einfachen Bürgers und einen Wahlsieg der Demokraten bei den nächsten Kongresswahlen. Und auch die nächsten Präsidentenwahlen kommen bestimmt.