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Tonne statt Teller

Von Alina Lindermuth

Politik

Laut einer Studie sind EU-weit 80 Prozent der Bioabfälle, 22 Millionen Tonnen, genießbares Essen. Eine Verschwendung, die zum Himmel stinkt.


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Wien. Bei den aktuellen Temperaturen ist der Gang zur Biomülltonne geruchsbedingt kein leichter. Kiloweise Essensabfälle verrotten in der Schwüle - ein Zustand, der laut einer neuen Studie zumindest großteils beseitigbar wäre. Laut Studienleiter Davy Vanham vom Joint Research Center der Europäischen Kommission sind sogar 80 Prozent des Tonneninhalts kein Abfall, sondern genießbares Essen - EU-weit sind das mindestens 22 Millionen Tonnen Lebensmittel jährlich, die eher auf den Teller als in die Tonne gehören würden.

Die vergangene Woche im "Environmental Research"-Magazin veröffentlichte Studie errechnete für sechs europäische Länder Analysen zum Thema Bioabfälle und vor allem zu jenem Teil davon, der nicht zwingend in der Tonne landen müsste. Zudem wurde erforscht, welche Mengen Wasser und Stickstoff in der europäischen Lebensmittelproduktion somit verschwendet werden.

Bei den untersuchten Ländern Großbritannien, Deutschland, Niederlande, Rumänien, Dänemark und Finnland stellte sich heraus, dass Großbritannien mit der Menge einer Einmachdose Abfall pro Kopf und Tag den höchsten Verbrauch genießbarer Lebensmittel hat. Allerdings liegt auch der noch essbare Bioabfall Rumäniens - des letztgereihten Landes - bei etwa der Menge eines Apfels. Insgesamt werden 16 Prozent aller Nahrungsmittel, die den Konsumenten erreichen, entsorgt.

"Können etwas dagegen tun"

"Gewissermaßen ist es gut, dass dieser Abfall vermeidbar wäre", sagte Davy Vanham, "denn das bedeutet, dass wir etwas dagegen tun können." Er und sein Team empfehlen, dass die europäische Bevölkerung aufgeklärt werden müsse, Nahrungsmittel effizienter und durchdachter zu beschaffen und zu verbrauchen. Dies würde die Abfallmengen und die Ausgaben der Konsumenten senken. Ebenso würde der öffentliche Sektor, der für Müllsammlung und -verwertung verantwortlich ist, entlastet werden. Auch die veränderte Lebensmittelproduktion würde neben Einsparungen an Wasser und Stickstoff vom effizienteren Energieverbrauch profitieren. Am öftesten würden laut Studie Getreideprodukte, Obst und Gemüse in noch genießbarem Zustand weggeworfen. Dies liege an der kurzen Haltbarkeitsdauer der Produkte. Viele Konsumenten hätten Probleme, die eingekauften Lebensmittel zeitgerecht aufzubrauchen. Außerdem würde das Ablaufdatum überbewertet.

Auch wenn der Verbrauch anteilsmäßig kleiner ist, birgt umwelttechnisch gesehen das Wegwerfen von Fleischprodukten die größten Verluste - denn die Herstellung verschlingt enorme Mengen von Wasser und Stickstoff. Laut dem deutschen Statistikunternehmen Statista werden für die Herstellung von einem Kilogramm Fleisch immerhin 16.000 Liter Wasser verbraucht - für dieselbe Menge an Getreide nur etwa 1350 Liter.

Um die Daten der unterschiedlichen Faktoren auswerten zu können, verwendete das Forscherteam um Davy Vanham verschiedene Modelle des ökologischen Fußabdrucks. Dieser misst, welche Ressourcen für die Produktion einer Einheit Lebensmittel aufgebraucht werden müssen.

Wer also seinen Einkauf besser plant und seine Vorräte nicht nur auf Haltbarkeitsdatum, sondern auch auf Güte überprüft, spart sich nicht nur eine Menge Geld und der Umwelt unnötige Sorgen, sondern auch den ungeliebten Gang zur Biomülltonne.