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Tony Blair auf dem Prüfstand

Von Ellen Hasenkamp

Wirtschaft

Nach dem Konzertspektakel vom vergangenen Wochenende sind die Erwartungen an den G-8-Gipfel hoch: Erhofft wird ein Durchbruch vor allem bei der Armutsbekämpfung in Afrika, die Gastgeber Tony Blair neben dem Klimaschutz zum Schwerpunkt der Beratungen erklärt hat. Von heute bis Freitag tagen die Staats- und Regierungschefs der sieben großen Industriestaaten und Russlands im luxuriösen Golfhotel Gleneagles in Schottland.


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Das edle Ambiente und die beeindruckenden Highlands werden dabei harte Diskussionen nicht verhindern können: So würde US-Präsident George W. Bush am liebsten nicht einmal eingestehen, dass es überhaupt einen von Menschen verursachten Treibhauseffekt gibt.

Blair steht bei seinem neunten G-8-Gipfel mächtig unter Druck. Die Demonstranten wird er sich mittels einer doppelten Metallsperre rund um das Gipfelgelände wohl noch vom Halse halten können. Aber afrikanische Politiker, Nichtregierungsorganisationen und nicht zuletzt die heimische und internationale Öffentlichkeit erwarten viel von dem Treffen. Und schließlich werden den britischen Premierminister, der Anfang des Monats auch die EU-Präsidentschaft übernahm, vor allem seine europäischen G-8-Kollegen mit Argusaugen beobachten: Mit den Franzosen liegt Blair wegen des EU-Haushalts über Kreuz, mit den Deutschen wegen seiner Reformpläne für Europa.

Nicht einmal auf die Sonderbeziehungen zu den USA ist diesmal Verlass: Denn Bushs Widerstand gegen die britischen Klimapläne dürfte eines der größten Gipfelprobleme werden. Der Beauftragte des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zur Vorbereitung der G-8-Gipfels, Wirtschaftsstaatsekretär Bernd Pfaffenbach, beschreibt das Dilemma: So konkret wie möglich zu werden im Kampf gegen den Treibhauseffekt, ohne die USA "in die Ecke" zu stellen.

Bush, der das Klimaabkommen von Kyoto nicht ratifiziert hat, sperrt sich gegen jegliche konkrete Zusage. Als Erfolg gilt schon, dass im Vorfeld des Gipfels überhaupt ein gemeinsames Dokument der stets im Konsens entscheidenden G-8-Staats- und Regierungschefs zum Thema Klimaschutz für möglich gehalten wird. Eingebunden werden sollen dabei auch die Schwellenländer wie Indien oder China, deren Vertreter ebenfalls in Gleneagles erwartet werden.

Um so beruhigender für Blair, dass er einen Erfolg bereits in der Tasche hat. Schon Anfang Juni hatten sich die G-8-Finanzminister darauf geeinigt, langfristig den rund 40 ärmsten Ländern der Welt ihre Schulden von rund 55 Milliarden Dollar bei internationalen Institutionen wie der Weltbank vollständig zu erlassen. (Siehe auch Seite 4.)AFP

90 Festnahmen vor G-8-Gipfeltreffen in Edinburgh

Zwei Tage vor dem G-8-Gipfel in Schottland ist es in der Hauptstadt Edinburgh zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Sicherheitsbehörden nahmen am Montag nach eigenen Angaben 90 Menschen fest. 21 Menschen sind leicht verletzt worden, darunter vier Polizeibeamte. Nach zunächst friedlichen Protesten hatten mehrere Dutzend Demonstranten Rangeleien mit der Polizei begonnen.

Nach den Zusammenstößen mit der Polizei haben bis zu 100 Gegner des G-8-Gipfels in Schottland eine gerichtliche Vorladung erhalten. Die Anhörungen vor dem Gericht in Edinburgh begannen nach Angaben der Behörden bereits am Dienstag. Die Protestaktionen gegen den heute, Mittwoch, beginnenden G-8-Gipfel in Gleneagles wurden am Dienstag fortgesetzt. Drei Aktivisten der Weltentwicklungsbewegung (World Development Movement) kletterten auf einen Kran am Waverley-Bahnhof von Edinburgh und kritisierten das geplante Hilfsprogramm der G-8 für Afrika. Schuldenerlass und Finanzhilfe seien an strenge Bedingungen geknüpft, sagte Paul Hutchings. Und von der dringend notwendigen Gerechtigkeit im internationalen Handel werde überhaupt nicht gesprochen.

Vor der Ölraffinerie von Grangemouth, 30 Kilometer westlich von Edinburgh, bereiteten Mitglieder Umweltgruppen Friends of the Earth und People and Planet eine Protestaktion vor. Dabei wollen als Meerjungfrauen verkleidete Demonstranten eine G-8-Vereinbarung für den Klimaschutz fordern.