Zum Hauptinhalt springen

Top-Manager müssen keine Wirtschafter sein

Von Beatrice Bösiger

Wirtschaft

BWL-Studium ist keine Voraussetzung für eine Karriere in der Wirtschaft. | Techniker und Naturwissenschafter sind im Vormarsch. | Wien. Ein Blick in das Management heimischer Firmen zeigt: Um zu reüssieren, braucht es nicht unbedingt ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Längst haben viele Techniker, Naturwissenschafter und Geisteswissenschafter den Sprung in die Chefetage geschafft. "Ihre breite Wissensbasis ist es, was Nicht-Wirtschaftswissenschafter für eine Karriere in Unternehmen qualifiziert," sagt Harald Dutzler, Recruiting Director und Mitglied der Geschäftsleitung beim Beratungsunternehmen Booz Allen Hamilton im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Das Studium prägt die Arbeitsweise

So würden zum Beispiel Naturwissenschafter dadurch, dass sie schon während ihrer Ausbildung sehr strukturiert an komplexe Sachverhalte herangeführt werden, beste Voraussetzungen für eine Führungsposition mitbringen. Und: Wer als Nicht-Wirtschafter den Karriereweg in einem Unternehmen einschlägt, bringt meist auch großes Interesse an betriebswirtschaftlichen Themen mit. "Sonst würde man eine solche Karriere gar nicht in Betracht ziehen." Nur wenn direkt eine Karriere im Marketing- oder Bankingbereich angestrebt wird, ist laut Dutzler ein BWL-Studium immer noch von Vorteil - "einfach durch die fachliche Nähe", meint der gelernte Betriebswirt.

Genaue Zahlen, wie viele Nicht-Wirtschafter in den Chefetagen zu finden sind, gibt es keine, die Menge ist allerdings nicht zu unterschätzen. "Allein bei uns hat fast die Hälfte der Führungskräfte einen anderen (keinen betriebswirtschaftlichen, Anm.) Werdegang", erzählt Dutzler. Die wichtigsten Eigenschaften, um erfolgreich in die Chefetage vorstoßen zu können, sind in den Augen des Betriebswirts immer noch Führungsqualitäten, und diese sind keine Frage eines abgeschlossenen Betriebswirtschaftsstudiums. Gerade in Industriebetrieben ist es laut Dutzler häufig, dass Ingenieure den Aufstieg schaffen. "Die sind näher bei der Materie".

Die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse könne man sich immer noch in einem zweiten Schritt aneignen. So bietet zum Beispiel Booz Allen Hamilton Neueinsteigern ein "Mini-MBA-Programm" an, in dem Lücken gezielt gefüllt werden können.

Wer blickt über den Tellerrand?

Die Frage, ob Wirtschaftsstudium oder nicht, ist also nicht unbedingt ausschlaggebend für eine spätere Karriere. "Was zählt ist: Führungskräfte müssen über den Tellerrand hinausblicken können. Und das bringen Nicht-Wirtschafter in besonderem Maß mit", meint Dutzler.