ORF-Chef Wrabetz und Julius Meinl sind in aller Munde. | Schlechte Nachrichten sind offenbar beliebter als Erfolgsmeldungen. | Ausgerechnet ein Medienmann steht in diesen turbulenten Zeiten am häufigsten in Österreichs Zeitungen: ORF-General Alexander Wrabetz ist heuer bereits in 889 Artikeln zumindest erwähnt worden - am häufigsten im "Standard" (125 Mal). Immerhin 42 Mal wurde er von der eigenen Anstalt zitiert. Auch wenn ihn die meist in unerfreulichem Kontext stehende Berichterstattung nicht glücklich gemacht haben dürfte, stellt er unfreiwillig alle anderen heimischen Topmanager in den Schatten.
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Während der ORF-Chef seine starke mediale Präsenz dem maroden Staatsfunk und dem parteipolitischen Dauergerangel darum zu verdanken hat, hat sich ein als medienscheu bekannter Banker die häufige Präsenz selbst zuzuschreiben: Auch Julius Meinl hält einen Stammplatz auf den Wirtschaftsseiten. Im Kampf um die Reparatur seiner Reputation hat er in den ersten sechs Monaten des Jahres 780 Mal in Berichten österreichischer Gazetten, in 105 ORF- und in 19 ATV-Sendungen die Hauptrolle gespielt. Allein im Boulevardblatt "Österreich" fand sich Meinl 162 Mal.
Opel ist großes Thema
Wenn man keine derart spektakulären Anlässe bietet - Meinl der Fünfte entkam der U-Haft, weil er innerhalb einer Stunde 100 Mio. Euro Kaution aufzutreiben verstand -, muss man zumindest so wie Magna-Boss Frank Stronach und sein Adlatus Siegfried Wolf eine marode Automarke wie Opel kaufen wollen, um für die Wirtschaftsjournalisten überdurchschnittlich interessant zu werden: Dem Austrokanadier waren heuer bereits 815 Berichte gewidmet, wobei mit 218 Treffern erneut "Österreich" den Vogel abschoss.
Wolf verzeichnete 432 Nennungen - und damit fast so viele wie Ex-AUA-Chef Alfred Ötsch, den die Medien (wenn auch nicht unbedingt in positiver Hinsicht) in bleibender Erinnerung behielten.
Obwohl die meisten Spitzenmanager normalerweise gerne von den Medien wahrgenommen werden, schaffen es nur relativ wenige auf Grund systematischer PR-Arbeit, sich regelmäßig in Szene zu setzen. Meist stößt man in den Medien auf dieselben Gesichter: Im Vorjahr haben, abgesehen vom Spitzenreiter Alfred Ötsch, Hans Peter Haselsteiner (Strabag), Mirko Kovats (A-Tec) und Anton Wais (Post) am öftesten von sich reden gemacht.
Der ehemalige AUA-Boss landete oft gegen seinen Willen in den Schlagzeilen, denn er war primär wegen der herben Verluste der Airline, ihres Verkaufs und seinem Abgang ein Thema. Bei Haselsteiner waren es das Engagement für die Liberalen im Wahlkampf und die Zores mit seinem russischen Ex-Partner Oleg Deripaska, die ihn ins mediale Scheinwerferlicht rückten.
Kovats wiederum hat sich mehrmals mit geplanten Übernahmen geschickt in Szene setzen können - wenngleich diese meistens gescheitert sind. Und Wais war interessant, weil er andauernd Jobs abbauen und Filialen schließen wollte, was beinahe zu Streiks geführt hätte.
Väterliche Ratschläge
Manche Promis, die längst zur Standardausstattung so mancher Zeitungen zu gehören scheinen, können sich auch heuer nicht über mangelnde mediale Aufmerksamkeit beklagen: Sofern sie der Regierung andauernd väterliche Ratschläge geben, wie SPÖ-Wirtschaftsguru Hannes Androsch, oder sich regelmäßig zur Wirtschaftskrise zu äußern pflegen, wie der neue Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny, tauchen sie geradezu inflationär in Print und Funk auf.
Androsch, der sich nach wie vor erstklassig verkauft, schaffte das im laufenden Jahr schon 525 Mal, wobei auch die Produktionsverlagerung des Leiterplattenherstellers AT&S nach China und deren rote Zahlen dazu beitrugen. Nowotny, der als weiser Experte viel Vertrauen genießt, trat bislang zwar nur 274 Mal in Tageszeitungen und 53 Mal im ORF auf - aber die Krise ist ja noch längst nicht vorbei.
Der plötzliche oder geplante Abgang von Topmanagern sorgt in der Regel ebenfalls für eine starke Resonanz seitens der Journalisten: Ex-Telekom-Boss Boris Nemsic, der Ende März nach Russland abging, und der frühere Post-General Anton Wais, der mit gleichem Datum den Schreibtisch räumte, verzeichneten jeweils mehr als 300 mediale Auftritte - ähnlich viele übrigens wie der trotz zahlloser Spekulationen immer noch im Amt befindliche, ziemlich unglücklich agierende ÖIAG-Häuptling Peter Michaelis, dem die wenigsten Redakteure etwas Gutes nachzusagen bereit sind.
Bei OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer, der sich plangemäß erst im April 2011 zurückziehen wird, waren es lediglich 268 Meldungen - doch das ist eine ganz andere Geschichte: Der Konzernherr stand heuer zunächst im Zusammenhang mit dem Gas-Chaos, dem Wiener Opernball und den traurigen OMV-Zahlen im Blickfeld der Öffentlichkeit.
Ende März wurde dann bekannt, dass er die Anteile an der ungarischen MOL verkauft - und schon ging es los: Am 22. April geriet er in nahezu allen Blättern wegen eines Aktiendeals unter Beschuss, weil sich die Finanzmarktaufsicht veranlasst sah, gegen ihn wegen Verdachts auf Insiderhandel zu ermitteln. Ruttenstorfer kam eine Woche später zwar aus der Deckung ("Ich musste die Aktien kaufen"), aber die medialen Kratzer ist er bis heute nicht los. Noch dazu konnte er in der ersten Mai-Woche bloß "schwache Zahlen" für das erste Quartal verkünden.
Ein meist negativer Touch in der Berichterstattung, an dem beispielsweise auch ÖBB-Boss Peter Klugar wegen des trostlos defizitären Staatsbetriebs oder Flughafen-Wien-Vorstand Herbert Kaufmann wegen des ominösen Skylink-Projekts zu leiden haben, verschont nur wenige: Raiffeisen-Zampano Christian Konrad beispielsweise wird zumindest von Raiffeisen-nahen Medien in den heuer 176 Meldungen stets respektvoll behandelt. Auch sein interner Rivale Ludwig Scharinger, Chef der Raiffeisenlandesbank OÖ., steigt nicht zuletzt dank seiner Medienbeteiligungen mit bislang 142 Beiträgen weitgehend unversehrt aus.
Unbeschriebene Blätter
Andere Bankenchefs hingegen, darunter Andreas Treichl von der Erste Bank (288 Nennungen) oder der demnächst ausscheidende Erich Hampel von der Bank Austria (214 Zitierungen), mussten heuer angesichts der staatlichen Hilfspakete für Kreditinstitute schon einiges an Häme einstecken.
Treichl nervt es, dass er primär als Schwerverdiener dargestellt wird (was ja nicht falsch ist) und sein Institut gerne als Bittsteller um Staatshilfe abgestempelt wird (auch da ist bekanntlich etwas dran). Oder dass ein schwaches Quartalsergebnis und sein kürzlich verordnetes Sparpaket weitaus stärkere Beachtung finden als die von seinen PR-Leuten verbreiteten Good News.
Während wenige Firmenchefs so wie Treichl ständig in der Auslage stehen, finden viele Bosse heimischer Konzerne weitaus geringere mediale Beachtung: Über Rewe-Chef Frank Hensel oder Gerhard Drexel vom Rivalen Spar etwa berichteten Österreichs Gazetten heuer bloß 88 beziehungsweise 53 Mal, wobei sich das "Wirtschaftsblatt" beziehungsweise die "Kronen Zeitung" besonders engagierten. Andere Vorstandschefs, darunter Baumax-Boss Martin Essl, Andritz-General Wolfgang Leitner oder Brau-Union-Chef Markus Liebl, konnten froh sein, dass sie es heuer auf maximal 50 Zeitungsartikel gebracht haben.
Wolf Dieter Hellmaier von der Salzburger Porsche Holding zählt zu jener Spezies von Topmanagern, die keinen Wert auf Medienpräsenz zu legen scheinen, um sich allfälligen Ärger zu ersparen: Der Chef der immerhin drittgrößten österreichischen Firmengruppe, dessen Name heuer lediglich 28 Mal in Gazetten auftauchte, ist für Zeitungen ein unbeschriebenes Blatt.
Auf nur vier Nennungen brachte es Mondi-Chef Peter Oswald, obwohl auch sein Unternehmen in die roten Zahlen gerutscht ist.
Die Minus-Männer
Kritik seitens der heimischen Zeitungen musste der frühere Volksbanken-Chef Franz Pinkl einstecken: In den heuer 165 Beiträgen über ihn war wegen herber Verluste kaum ein gutes Wort zu hören. Tilo Berlin, einstiger Boss der Kärntner Hypo Alpe Adria und Vorgänger Pinkls, musste 149 Mal tief durchatmen, weil er in unerfreulichem Zusammenhang genannt wurde. Christian Domany, Ex-Vorstandsdirektor beim Flughafen Wien, wurde 132 Mal erwähnt, meist im Konnex mit dem extrem teuer gewordenen Skylink-Projekt. Der frühere Immofinanz-Zampano Karl Petrikovics stand im Mittelpunkt von 72 Meldungen - und keine davon war wirklich erfreulich. Reinhard Platzer, (ehemals Chef der Kommunalkredit), schien auch heuer noch in 49 Medienbeiträgen auf.