Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Um es deutlich zu sagen: Die Republik Österreich hat sich die Telekom Austria unterm Hintern wegziehen lassen.
Der mexikanische Unternehmer Carlos Slim hat - über zwei Vehikel - Zugriff auf 25,2 Prozent des Aktienkapitals. Damit kann der Neo-Aktionär im Ernstfall jede Kapitalerhöhung des Unternehmens blockieren, egal, was die Verstaatlichten-Holding ÖIAG als Hauptaktionär vorhat. Und die Telekom Austria benötigt eines dringend: Kapital. Die knapp 29 Prozent des Staates am Unternehmen sind dadurch dramatisch weniger wert geworden.
Nun ist die Telekom ein Unternehmen, das voller sensibler Daten steckt. So gut wie jede Bewegung der Bürger kann mit Hilfe der Telekom aufgespürt werden, Polizei und Staatsanwaltschaft können Tatverdächtige nur mit der Technik der Telekom abhören.
Tatsache ist ebenfalls, dass es weder einen Privatisierungsbeschluss für die Telekom Austria noch eine entsprechende politische Debatte über dieses Thema gibt. Trotzdem sitzt Herr Slim plötzlich in einer komfortablen Situation. Sollte sein laufendes Angebot für den niederländischen Telekom-Konzern KPN - dieser ist etwa dreimal so groß wie die Telekom Austria - erfolgreich sein, wird es wohl zwischen beiden Unternehmen zu Kooperationen kommen. Hat es in Österreich jemals eine Diskussion gegeben, ob eine solche Zusammenarbeit für den Standort Österreich wünschenswert wäre? Nein.
Die Entwicklung bei der Telekom Austria offenbart das grausame Versagen des Systems ÖIAG. Im stillen Kämmerlein wird über öffentliches Eigentum entschieden - das geht nicht. Und es war nicht einmal eine diskrete Regierungsentscheidung. Die aktuelle Debatte zeigt, dass dies lediglich Teile der ÖVP so wollen. Nun repräsentieren "Teile der ÖVP" aber nicht die Republik. Dass ÖIAG-Chef Markus Beyrer das Unternehmen nach nur einem Jahr verlässt, ist auch keine positiv stimmende Entwicklung.
Bei der Bildung wird ständig das Fehlen von finanziellen Mitteln beklagt, doch bei der ÖIAG wird ein immenser Wertverlust offenbar akzeptiert. Trotz dieses Versagens will die Finanzministerin weitere Staatsbeteiligungen in dieses intransparente ÖIAG-System stellen. Das ist ziemlich bestürzend. Das einzig Tröstliche ist, dass sie sich damit nicht durchsetzen wird. Nicht einmal in ihrer eigenen Partei.