100 Jahre Institut für Osteuropäische Geschichte in Wien. | Wien. Ein Rückblick in eine bewegte Vergangenheit und Visionen für eine friedliche Zukunft standen im Zentrum eines Festakts im Palais Liechtenstein. Das Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien feierte sein hundertjähriges Bestehen.
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"Nach dem zweiten Weltkrieg war ein völliger Neuanfang nötig", sagte Institutsvorstand Arnold Suppan. Alle Professoren wurden ausgewechselt. Als künftige Forschungsfelder nannte Suppan unter anderem die zwischen Orthodoxie, Katholizismus und Islam schwelenden Konflikte. Uni-Rektor Georg Winckler betonte die Wichtigkeit guter Beziehungen zu Russland für die Zukunft.
Die Entstehung des Instituts geht auf Fürst Franz de Paula von und zu Liechtenstein zurück, der von 1894 bis 1898 österreichisch-ungarischer Botschafter in St. Petersburg war. Der Fürst stiftete 40.000 Kronen für den Ankauf der Büchersammlung des bedeutenden russischen Historikers Vasilij Aleksevic Bilbasov.
"Seine freundschaftlichen Beziehungen zum Zaren verdankte Liechtenstein seinem gewandten Auftreten und exzellenten Russischkenntnissen", erläuterte Marija Wakounig bei der Präsentation ihres Buches über Liechtensteins Mission in Russland. Er sei der optimale Mann für "den diffizilsten Botschafterposten der Monarchie" gewesen.
Den Festvortrag hielt sein Urgroßneffe, Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein. Er erläuterte seine Vorstellungen eines effizienten Staates im 21. Jahrhundert. "Der Staat muss eine Organisation im Dienst an den Menschen sein. Ein friedlicher Wettbewerb zwischen verschiedenen Dienstleistungsunternehmen könnte künftig demnach eintreten."
Privatwirtschaft und Gemeinden würden etliche Aufgaben des Staates übernehmen, Außenpolitik, Rechtsstaat, Bildung und Finanzen blieben staatliche Kernaufgaben. Wichtig seien "kurze und verständliche Gesetze, damit die Bürger gut informiert sind". Eine Vielfalt an Vorschriften sei gerade für Kleinbetriebe eine Belastung."
Fürst Hans-Adam II. forderte "mehr direkte Demokratie, vor der die Politiker aus Angst vor Machtverlust zurückschrecken." Derzeit stünden dem Volk "ähnliche Parteiprogramme" zur Wahl, "die Autoprospekten ähneln. Der Autokäufer hat jedoch bei nicht erbrachten Leistungen Einklagerechte, der Wähler nicht." Vor allem der hohe Bildungsgrad breiter Bevölkerungsschichten rechtfertige nicht länger ein umfassendes staatliches Machtmonopol.
Bei der Bildung sieht der Fürst auch Liberalisierungsbedarf - im Sinn von Milton Friedman: "Gut geführte Schulen wären erfolgreich, andere verschwinden vom Markt." Eltern könnten bei den Schulen, an die sie ihre Kinder schicken, Gutscheine einlösen.