)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bei allem Verständnis für die Enttäuschung über den in der allerletzten Runde verlorenen WM-Titel, aber diese Aussagen von Mercedes-Boss Toto Wolff sind schlicht skandalös. Zumal sie auch nicht in der ersten Emotion gefallen sind, sondern erst gut vier Tage nach dem Thriller von Abu Dhabi. In einer Videokonferenz bekannte der Wiener tatsächlich, sich nach der umstrittenen Rennfreigabe durch Direktor Michael Masi "wie in einem totalitären Regime" gefühlt zu haben. Nachsatz: "Und das gegen jede Regel." Zur Erinnerung: "Totalitäres Regime", das ist dort, wo Mercedes (und alle anderen Formel-1-Teams) alljährlich im Kreis fahren, um gute Absatzmärkte für ihre Autos zu schaffen - konkret Saudi-Arabien, Katar, China, Bahrain, Aserbaidschan und (mit Abstrichen) Russland sowie Türkei. Nicht bekannt ist jedoch, dass Wolff in diesen Ländern je ein "totalitäres Regime" angeprangert und ein Ohrwaschel für Menschenrechte oder Pressefreiheit gerührt hätte.
Die Wahrheit ist vielmehr, dass gerade das aktuelle Formel-1-Prozedere mit transparenten Funksprüchen und publizierten Entscheidungen ein Vorbild für die Sportwelt ist. Im Fußball wäre man etwa froh, gäbe es beim Videobeweis solche Offenheit (statt Rätselraten, warum sich der VAR einmal meldet, einmal nicht). Dass Masi diesmal dem Druck Wolffs standhielt und gegen die wilden Mercedes-Interventionen entschied, konnte alle Welt mitanhören - und sich ein Bild davon machen. Dass just diese Funksprüche als Reaktion von Abu Dhabi abgeschafft werden sollen, ist umso unverständlicher. Die Formel 1 braucht - wie jeder Sport - volle Transparenz, sonst würde sie wirklich Richtung "totalitär" abbiegen.