)
Angeklagte brach mit Freunden bei ihrer Mutter ein. Die rechtskräftigen Urteile: Vier bis sechs Monate bedingt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Es ist eine zierliche, junge Frau, die am Donnerstagvormittag vor Einzelrichterin Daniela Zwangsleitner als Erstangeklagte sitzt. Die 16-Jährige hat schwarzes Haar, trägt einen lilafarbenen Kapuzenpullover. Als die TV-Kameras sie filmen, hält sie schützend ihre Hände vor ihr Gesicht.
So unscheinbar die junge Frau wirken mag, so schwerwiegend sind die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wien gegen sie. Einerseits soll sie in jenem Prügelvideo zu sehen sein, in welchem brutal auf eine 15-Jährige eingeschlagen wird. Sie soll die Drahtzieherin der Aktion sein. Das Video sorgte im November 2016 für Aufsehen und wurde im Internet millionenfach angesehen. Der diesbezügliche Strafprozess befindet sich noch in der Vorbereitung.
Andererseits ist die Erstangeklagte mit Freunden - laut dem rechtskräftigen Urteil - im August 2016 in das Haus ihrer Mutter und Stiefvaters in Hadersdorf eingebrochen. Sie verwüsteten die Wohnung, erbeuteten unter anderem die Autoschlüssel des Stiefvaters und fuhren mit seinem Auto davon. Die Jugendlichen - sie sind zwischen 14 und 19 Jahre alt - hatten sich am Straflandegericht Wien wegen schweren Diebstahls und dem unbefugten Gebrauch von Fahrzeugen zu verantworten. Unter den Angeklagten befand sich auch das mutmaßliche Prügelopfer. Die 15-Jährige war zum Tatzeitpunkt noch mit der Erstangeklagten befreundet.
Respektlose Angeklagte
Während des Einbruchs waren die Mutter und ihr Lebensgefährte im Urlaub. "Warum waren Sie überhaupt in der Wohnung?", fragt Zwangsleitner die Erstangeklagte. "Dummheit", antwortet die 16-Jährige. Derzeit befindet sie sich in Untersuchungshaft, zuvor war sie in einem Krisenzentrum untergebracht.
Die Erstangeklagte benimmt sich äußerst trotzig und behauptet, nichts gestohlen zu haben. "Alle anderen haben was eingepackt, nur Sie nicht?", erkundigt sich die Richterin. "Was soll das jetzt heißen!?", fährt die Angeklagte Zwangsleitner forsch an.
Respekt vor dem Gericht zeigen auch die anderen Angeklagten nicht. Ein Angeklagter kommt ein paar Minuten zu spät. Ein anderer um eine dreiviertel Stunde. Lässig betritt er den Gerichtssaal, fragt, wo er sich denn hinsetzen könne. "Eine Entschuldigung wäre auch nett gewesen", meint Zwangsleitner.
Den Rekord stellt ein weiterer Angeklagter auf, der sich knapp drei Stunden nach Prozessbeginn bei Zwangsleitner telefonisch meldet. Er gibt an, er sei nun da. Zu diesem Zeitpunkt verkündet die Richterin gerade das Urteil. "Jetzt braucht er nicht mehr kommen", meint sie. Das ihn betreffende Verfahren wird ausgeschieden und abgesondert geführt.
Eine weitere Angeklagte grinst die meiste Zeit. Sie geht nicht in die Schule, als arbeitslos ist sie ebenfalls nicht gemeldet. "Ich habe keine Zeit gefunden, um zum AMS zu gehen", gibt sie an. "Lustig ist das gar nicht", sagt Zwangsleitner. Während der Verhandlung kommt heraus, dass einige Angeklagte vorhatten, mit dem entwendeten Auto nach Italien zu fahren. "Wollten Sie zum Urlaub dorthin?", fragt die Richterin. "Ja. Zum Meer", erklärt ein Angeklagter. Das Vorhaben scheiterte, weil das Auto auf der Strecke einging: Die Jugendlichen waren nur im ersten und zweiten Gang gefahren. "Wenn man nicht richtig schaltet, kann das passieren", kommentiert die Richterin. Erheiterung im Gerichtssaal.
Hoher Schaden
Weniger erheiternd ist der Vorfall für die Einbruchsopfer. Der Schaden in der Wohnung habe 17.000 Euro betragen, zudem sei das Auto ein Totalausfall, sagt der Stiefvater vor Gericht. Die Versicherung habe ihm nur 4.000 Euro ersetzt. Das restliche Geld will er von den - zumeist mittel- und arbeitslosen - Angeklagten bekommen. Er schließt sich dem Verfahren daher als Privatbeteiligter an.
Die Verfahren von zwei Angeklagten werden diversionell erledigt: Sie werden unter Setzung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig eingestellt. Die Angeklagten hätten bei dem Einbruch nur Aufpasserdienste geleistet, sagt Zwangsleitner. Die anderen Jugendlichen werden zu bedingten Freiheitsstrafen von vier bis sechs Monaten verurteilt. Drei Angeklagte müssen dem Stiefvater jeweils 1.000 Euro ersetzen. Weitere Ansprüche muss er auf dem Zivilrechtsweg geltend machen. Sämtliche Entscheidungen sind bereits rechtskräftig.