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Tour d’Horizon über politische PR von Kurz’ Mastermind

Von Simon Rosner

Politik

Der ehemalige Kurz-Stratege Gerald Fleischmann hat ein Buch über Public Relations geschrieben. Eine Reflexion ist es (noch?) nicht.


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Gerald Fleischmann gilt als strategisches Mastermind hinter dem Aufstieg von Sebastian Kurz. Die ÖVP hatte 2011 dem damals aufstrebenden Jung-Politiker den erfahrenen Sprecher aus der Parteizentrale an die Seite gestellt, es sollte eine für beide fruchtbare Symbiose werden. Fleischmann war Pressesprecher, später Kommunikationschef des Bundeskanzleramts und erhielt aufgrund seiner kompromisslosen PR den Beinamen "Mister Message Control".

Fleischmann stolperte 2021, wie sein Chef, über die Chat-Protokolle von Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid. Mittlerweile ist er wieder zurück in der ÖVP-Zentrale. In der Zeit dazwischen verfasste er ein Buch über politische PR, das sinnigerweise den Titel "Message Control" trägt, und nun im Verlag "edition a" erschienen ist.

Der 300 Seiten starke Text lässt einen aber etwas rätselnd zurück. Das Buch ist keine Beschreibung des Aufstiegs von Kurz, keine Aufarbeitung seines Falls, aber auch keine Antwort auf die Kritik an der medialen Inszenierung des Ex-Kanzlers, bei der Fleischmann Regie führte. Er öffnet zwar den Werkzeugkoffer und benennt die darin befindlichen Utensilien, doch er erläutert kaum, wie er sie - bekanntlich mit Erfolg - eingesetzt hat. Freilich, warum sollte er das tun? Fleischmann ist seit November Pressechef der ÖVP und war auch davor, wie er im Buch schildert, in Strategiesitzungen im Kanzleramt dabei. (Etwas skurril mutet die Beschreibung eines solchen Treffens an, in dem offensichtlich Karl Nehammers Profil als Kanzler geschärft werden sollte. "Die Frage spitzte sich zu: ,Bist du Dialog-Karl oder Karl, der Kühne?‘ Nehammer entschied sich für Ersteres.")

Von Kreisky viel gelernt

Im Wesentlichen ist das Buch eine Art Glossar zu Public Relations geworden. Man liest heraus, dass Fleischmann ein wahrer Politik- und PR-Aficionado ist, die meisten Kniffe der PR, die er beschreibt, belegt er mit Beispielen, meist internationalen (Thatcher, Macron, diverse US-Präsidenten, interessanterweise kaum Merkel), auffallend häufig rekurriert er auf Bruno Kreisky, der "die Medienpolitik neu erfand", wie der Autor schreibt. "Kurz und die Mitglieder seines Teams" (vermutlich also auch er) hätten Kreisky studiert und auch kopiert.

© edition a

Intensive Beobachter der heimischen Politik werden bei der Lektüre in dem Sinn kaum überrascht werden, dass sie doch etliche Beschreibungen bis hin zu Tricks aus der Ära Kurz kennen. Nun erfährt man für diese auch einen Namen, von Storytelling, Agenda-Surfing, Newsjacking und so weiter. Und natürlich schärft es wieder den Blick für aktuelle Inszenierungen und Rhetorik, wenn zum Beispiel die ÖVP nun den Begriff der "Asylbremse" bedient, laut Fleischmann ein "Hebel".

Mit seinem Buch will der Autor Reflexion anstoßen, explizit auch auf medialer Seite, der er sich eingangs kritisch widmet. Eine Reziprozität von Journalismus einerseits und PR andererseits ist sicher gegeben, eine kritische Analyse daher absolut sinnvoll. Mit seinem Buch geht der Autor aber nicht in Vorlage. Er listet auf, verzichtet aber auf Bewertung.

Zum Buch~"Message Control"

Gerald Fleischmann

edition a, 2022

300 Seiten, 26 Euro

ISBN: 978-3-99001-630-5