Tourismusbank: Ertrag bleibt hinter höheren Umsätzen und Preisen zurück.
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Wien. Die heimischen Tourismusbetriebe sind zwar besser ausgelastet und machen mehr Umsatz, die Ertragskraft ist seit 2010 allerdings gesunken. Energiekosten und der Werbeaufwand sind weit stärker gestiegen als die Preise und haben das operative Ergebnis unter Druck gebracht, wie eine Analyse der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) zeigt. Von 2000 bis 2011 sank der Bruttobetriebsüberschuss (GOP) um 11,6 Prozent, während der Energieaufwand um 13,5 Prozent über die Inflation hinaus anstieg.
Die Touristiker stehen unter ständigem Investitionsdruck: "Die Hotelanlagen müssen immer mehr Kapital in die Schlacht werfen, um erfolgreich zu sein. Das schmälert die Kapitalverzinsung touristischer Investitionen", sagt ÖHT-Geschäftsführer Franz Hartl. Die Gäste erwarten ein immer höheres Niveau, der Produktlebenszyklus in der Hotellerie sinkt. Ein 20 Jahre altes Hotelzimmer oder ein in die Jahre gekommener Wellnessbereich müsse renoviert werden, damit der Betrieb mit der Konkurrenz mithalten kann.
Trotz Geldnot kaum Pleiten bei Familienbetrieben
Die schlechte Eigenkapitalausstattung gilt seit Jahren als Pferdefuß der österreichischen Tourismuswirtschaft. Zwar hat das Eigenkapital der Betriebe zugenommen - die Vier- und Fünf-Stern-Hotels wiesen im Durchschnitt 2010 erstmals mehr als die gesetzlich erforderten acht Prozent auf. Ein wesentlicher Teil der Hotel- und Gastronomiebetriebe haben jedoch ein negatives Eigenkapital, vor allem kleine Herbergen der unteren Kategorien. Etwa die Hälfte der Unternehmen braucht mehr als die gesetzlich vorgesehenen 15 Jahre, um die Kredite zurückzuzahlen. Ein Viertel schafft die Entschuldung nicht einmal innerhalb von 25 Jahren. "Sollten die Zinsen markant steigen, was in den nächsten Jahren zu befürchten ist, so ist die Weiterentwicklung mancher Unternehmen infrage gestellt", sagt Hartl.
Obwohl die Vermieter schwach mit Eigenkapital ausgestattet sind, gebe es dennoch kaum Insolvenzen, sagt Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV). Vielfach steht bei mittelständischen Familienbetrieben die Bank im Grundbuch. Für die Bank als Großgläubiger sei es wirtschaftlich besser, wenn das Unternehmen fortgeführt werde, statt die Kredite zu kündigen - "solange das Hotel gut geführt wird und es die Zinsen und hin und wieder Kapital tilgen kann", so Kantner.
Die Betriebe stecken oft in einem Teufelskreis: Kaum sei ein Darlehen getilgt, müsse die nächste Investition getätigt werden, um das Haus zu modernisieren. Auch wenn die Herberge langfristig nicht von ihrem Schuldenberg herunterkommt, kann die Bank mit einer stabilen Rückzahlung rechnen. Problematisch wird es hingegen, wenn eine ganze Ferienregion im Wettbewerb zurückfällt und die Auslastung in einem Betrieb über Jahre hinweg schwach bleibt.
Hoteliers fahren die Investitionen zurück
Galt die Tourismuswirtschaft in den vergangenen Jahren als Konjunkturstütze, so stehen die Betriebe bei den Investitionen seit dem zweiten Halbjahr 2011 deutlich auf der Bremse. Die Zahl der Kreditanträge bei der ÖHT ist seit Mitte 2011 gesunken.
Auch eine Umfrage der österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) zeigt, dass fast 27 Prozent der Hoteliers Investitionen zurückfahren werden. Die Hoteliers warten ab, wie die Steuerpläne der Regierung aussehen, so ÖHV-Generalsekretär Thomas Reisenzahn. Zudem seien Hoteliers unsicher, wie sich die Nachfrage im Sommer entwickeln wird.
4 bis 5 Milliarden Euro jährlich investiert die Tourismuswirtschaft nach Schätzungen der ÖHT. Der größte Teil der über die ÖHT abgewickelten Tourismusförderung des Wirtschaftsministeriums wurde im Vorjahr für die Betriebserweiterung und Qualitätsverbesserung verwendet. "Mit mehr Kapazitäten können die Betriebe mehr verdienen", so Hartl. Die durchschnittliche Betriebsgröße in Österreich ist mit 45 Betten im internationalen Vergleich sehr klein. Die Investitionen in Wellnessanlagen waren das zweite Jahr in Folge rückläufig. Gestiegen sind hingegen Investitionen in Personalzimmer und Tiefgaragen. Die Tourismusbank begleitete im Vorjahr 1774 Förderfälle mit einem Projektvolumen von 880 Millionen Euro.