Tabakmultis, Finanzminister und Trafikanten werden profitieren. | Tabaccoland gegen Diskont-Sorten. | Wien. Die Großhändler für Tabakwaren sehen der Einführung von Zigaretten-Mindestpreisen mit Bangen entgegen. Denn sie werden die Leidtragenden dieser Regelung sein, die voraussichtlich ab April gelten soll. Dies bestätigt Christian Mertl, Geschäftsführer von M-Tabak, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
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M-Tabak erwartet Geschäftseinbruch
Der frühere Marketingleiter der Gallaher-Tochter Austria Tabak konnte sich im Vorjahr mit seiner Tullner Vertriebsfirma und den Diskont-Marken ONyle und Elexyr erfolgreich selbständig machen und fürchtet nun massive Geschäftseinbrüche. "Der Mindestpreis wird aber nicht unser Ende bedeuten", gibt er sich optimistisch. Die Rechnung der Tabakriesen, welche er neben dem Finanzminister für die Profiteure des staatlichen Eingriffes hält, werde in seinem Fall nicht aufgehen. Kleinere Kollegen könnten jedoch stärker betroffen sein. In Österreich schafften es in den vergangenen acht Jahren 15 Großhändler in den Zigarettenvertrieb mit 20 neuen Billig-Sorten einzusteigen. Das hat dem Platzhirsch aus Monopol-Zeiten Tabaccoland, der Vertriebstochter der Austria Tabak, die alle bekannten Sorten unter Vertrag hat, naturgemäß wenig Freude bereitet.
Zigarettenmultis bedrängen Trafikanten
Eine Trafikantin aus dem 20. Bezirk in Wien, die nicht namentlich genannt werden will, berichtet: "Ich wurde vom Tabaccoland-Vertreter mehrmals bedrängt Diskont-Zigaretten nicht anzubieten. Er meinte, jeder Produzent habe eh schon eine Billigsorte in der Lade." Gallaher-Konkurrent British American Tabacco ging sogar noch schärfer vor. Dessen Vertreter habe sogar "mit Anzeige gedroht", werde die Billigware nicht sofort aus dem Sortiment genommen.
Die Brigittenauerin und ihre Kollegen sind aber große Befürworter der Mindestpreise, weil damit der Unkalkulierbarkeit ein Ende bereitet werde. Sie ist aber davon überzeugt, dass die großen Konzerne hinter der Einführung stehen: "Damit soll die neu entstandene Konkurrenz ausgehungert werden. Denn mit der Regelung sind Diskontprodukte nicht mehr attraktiv."
Davon ist auch Imer Djura, Geschäftsführer des Diskonters Tabakwaren Vertriebsgesellschaft (TWV) aus Marchtrenk, überzeugt. Er bringt die Tabakindustrie ins Schwitzen. Denn Red King Original und Milton sind mit je 2,70 Euro seit Februar die billigsten Sorten. Er will bis zur Einführung des Mindestpreises noch viele neue Kunden gewinnen, denn "danach wird es eng".
Dass die Anhebung zum Schutz der Jugend notwendig sei, halten Mertl wie Djura für ein Scheinargument. "Kein Jugendlicher wird dadurch vom Rauchen abgehalten." Wer sparen wolle, greife eben wie in der Vergangenheit zu Schmuggelware, prognostizieren die beiden.
Diese Befürchtung haben zwar auch die Trafikanten. Doch sie sind es, die am stärksten unter der derzeitigen Preisschlacht am Zigarettenmarkt leiden. Das Problem sind die Lagerbestände, die noch zu höheren Preisen angelegt wurden: So passiert im Dezember aufgrund der Empfehlung von Tabaccoland, wonach man wegen steigender Tabaksteuer größere Vorräte anlegen solle. Im Jänner rasselten die Verkaufspreise allerdings überraschend nach unten und die Trafiken mussten die Reduktion weitergeben und Verluste hinnehmen. Trafikanten-Lob ernten die Großhändler, da deren Preispolitik viel transparenter sei.
Ein Wiedner Trafikant klagt: "Wir bekommen die Informationen über die Preissenkungen der Multis von Tabaccoland viel zu spät. Wir wissen gar nicht, was wir bestellen sollen." Er geht davon aus, dass Philip Morris (Altria) den Preiskrieg weiter anheizen wird. Seit Montag verlangt der US-Konzern für Chesterfield statt 3,60 nur noch 3,20 Euro, bekannt sei dies erst seit Freitag geworden.
Die EU-Kommission macht sich gegen Mindestpreise stark. Ein Vertragsverletzungsverfahren ist bereits gegen Frankreich und Belgien eingeleitet. Ein solches droht auch Österreich, mahnt die Sprecherin von Steuerkommissar Laszlo Kovacs. Bei einer Erhöhung der Tabaksteuer will sich Brüssel jedoch nicht quer legen, damit könnten die Gesundheitsziele ebenso gut erreicht werden.