Erwin Pröll war eigentlich angetreten, um große Taten zu vollbringen. Doch Österreichs mächtigster Landesfürst musste überraschend Ungewohntes ertragen: Widerstand.
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In der klassischen Tragödie bestimmt der soziale Rang die dramatische Fallhöhe des Helden. Oder anders ausgedrückt: Spaß und Action bei den Zuschauern steigen mit der Prominenz des Gefallenen.
Wie immer verwandelt sich allerdings in Österreich die Tragödie zur Farce: Erwin Pröll kündigte bei der Übernahme des Vorsitzes der Landeshauptleutekonferenz große Taten an, "Nägel mit Köpfen" wollte der niederösterreichische Landeschef machen, als Arbeitsschwerpunkte definierte er Bürokratieabbau, Bürgernähe, Subsidiarität und Föderalismus.
Den großen Worten folgte jedoch lediglich ein erbitterter Stellungskrieg um die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern in der Schulpolitik. Konkrete Ergebnisse kann der neben Wiens Bürgermeister wohl Mächtigste in der Riege der Landeshauptleute kaum vorweisen. Kein Wunder, dass politische Beobachter über die wahre Natur des Verhältnisses zwischen Onkel und Neffen, dem Vizekanzler, Finanzminister und ÖVP-Bundesobmann Josef Pröll, rätseln.
Erwin Pröll gelang sogar das Kunststück, in die Landeshauptleutekonferenz einen Keil zu treiben. Keine kleine Leistung, immerhin tritt dieses verfassungsrechtlich im luftleeren Raum schwebende Machtinstrument der Länder gemeinhin mindestens so geschlossen auf wie das ZK der chinesischen KP. Als Pröllsche Gegenspielerin hat sich zuletzt etwa Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller profiliert - ansonsten kein wirklicher Machtfaktor in der Männerriege der Landesfürsten.
Die Stimmung zwischen Bund und Ländern ist ebenfalls am Boden. Über die Verantwortlichen dafür gehen die Meinungen auseinander. "Diese Bundesregierung hat ein beispiellos bösartiges Verhältnis zu den Ländern", meinte ein hochrangiger ÖVP-Politiker vergangene Woche am Rande eines Hintergrundgesprächs. Er meint damit Reformvorschläge des Bundes, die den Ländern ohne Konsultationen einfach via Medien ausgerichtet werden. Konsens sei so von vornherein ausgeschlossen.
Die andere Problemsicht sieht die Schuld vorwiegend bei den Ländern, deren quasi-sowjetisches Njet alle Reformbemühungen im Keim ersticke.
Nun richten sich die Hoffnungen fast aller Beteiligten auf Josef Pühringer. Der Oberösterreicher übernimmt ab Jänner für sechs Monate den Vorsitz unter den Landeshauptleuten. Anders als Pröll, gilt Pühringer als ein Landespolitiker, der weniger auf die große Geste und polternden Worte als auf vernünftige Kompromisse Wert legt.
Das nächste Halbjahr wird zeigen, ob die verbrannte Erde zwischen Bund und Ländern wirklich nur den handelnden Personen geschuldet ist oder ihre Ursachen nicht doch in den Strukturen des heimischen Föderalismus liegen.