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Tränen-Porno aus der Klinik

Von Christoph Irrgeher

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Alltags-Studien beweisen: Sollte es eine Eigenschaft geben, die in Langzeit-Beziehungen bei beiden Partnern gleichermaßen wächst, ist das wohl - die Rechthaberei. Der will man natürlich selbst nicht in die Falle gehen. Doch mitunter juckts einen zu sehr. Anlass: Serienabend auf ORFeins, die Woche fängt gefühlig an. Und am allergefühligsten natürlich mit "Greys Anatomy". "Gleich weint wer", ätzt meinereiner. Na bitte: Schon bald geschehen.


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Nun gibt es von dieser Krankenhausarznei für Emotionsverstopfung zwar angeblich auch heulfreie Episoden, quasi Trockenfolgen. Generell aber dürfte dann doch die folgende These halten: "Greys Anatomy", das ist eine Art Tränen-Porno. Hier heulen halt die Darsteller, die Zuschauer sollens auch. Und weil die Triebabfuhr King ist, müssen die Dialoge dazwischen nicht unbedingt Rilke sein. Hauptsache Heulen. Egal warum. Also zappelt dann etwa ein kapitaler Fisch am Haken von Cristina Yang - und doch fließen gleich Tränen, dass der See überzulaufen droht. Weil Yang gekündigt hat? Weil sie ein Trauma, das alle Ärzte belastet (dramaturgischer Freibrief für alle, mehr oder minder spontan loszuheulen), noch nicht verwunden hat? Wobei: Überragend in der Disziplin Gefühlsseligkeit durch Vorspiegelung von Tiefgründigkeit ist dann doch noch die Titelheldin Meredith Grey in ihrem Schlusswort: Sentenzen vom Kaliber "Wasser ist nass", Musik der Sorte Selbstmitleids-Stadionrock.

Stimmt zwar: Jedem zweckrationalen Rädchen der Arbeitswelt sein bisschen Gefühls-TV. Aber muss ORFeins denn gar so heftig die Tränendrüse melken? Wobei: Wenn direkt nach "Greys Anatomy" die (nicht minder gefühlspralle) "Private Practice" beginnt, dann heul ich eines Tages auch - aus Verzweiflung.