Das Bekenntnis von US-Vizepräsident Pence zur Nato und Kooperation mit der EU räumt nicht alle Zweifel der Europäer aus.
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Brüssel. Es war eine Botschaft, die die Europäer nur allzu gern vernahmen. Seinen Auftritt als erstes Mitglied der US-Regierung in den EU-Institutionen nahm Vizepräsident Mike Pence zum Anlass, die Unionsmitglieder von der Gültigkeit der transatlantischen Freundschaft zu versichern. Vor allem aber - und das hörten die EU-Politiker wohl noch lieber - stehe der Präsident zu der Partnerschaft. Als Donald Trumps Bote präsentierte sich also Pence nach den Besuchen bei EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Und seine Nachricht sollte eine positive sein, nachdem sein Vorgesetzter zuvor mit Äußerungen zur Überflüssigkeit der Nato und zum vorhersehbaren Auseinanderbrechen der EU für Irritationen gesorgt hatte.
Ein wenig Pathos durfte dabei nicht fehlen. "Uns trennt zwar ein Ozean", erklärte Pence: "Doch was uns verbindet, sind das gemeinsame Erbe, dieselben Werte und der Wille, Frieden, Demokratie und Wohlstand zu sichern."
Aber auch Tusk hatte emotionale Sätze parat. Der polnische Ex-Premier erinnerte an die Solidaritätsbekundungen der Amerikaner für die Polen, als in deren Land das sozialistische Regime herrschte. Und er betonte die Wichtigkeit der transatlantischen Militärallianz. "Unsere Sicherheit ruht auf der Nato", befand Tusk. Diese Kooperation sei keineswegs obsolet, unterstrich der Ratspräsident, den Ausdruck aus Trumps früherer Aussage verwendend. Überhaupt sei es im Interesse beider Seiten, "eine Desintegration des Westens" zu verhindern.
Kommissionspräsident Juncker pochte ebenfalls auf Einigkeit: Es sei jetzt nicht der Moment, EU und USA "auseinanderzudividieren". Weder Verteidigungs- noch Handelspolitik könnte Erfolg haben, wenn sich ein Partner von allen anderen abschottet. "Auch die US-Ökonomie ist abhängiger vom Außenhandel als so manche glauben", meinte Juncker. Trump hat protektionistische Maßnahmen für die Wirtschaft seines Landes angekündigt.
Debatte um Militärausgaben
Die Bedenken, die solche und weitere Äußerungen aus Washington geschürt hatten, versuchten in den vergangenen Tagen gleich mehrere Vertreter der US-Regierung zu zerstreuen - ohne freilich ins Detail zu gehen, wie sich Trump das künftige Zusammenwirken vorstellt. Schon in der Vorwoche legte Verteidigungsminister Jim Mattis im Nato-Hauptquartier in Brüssel ein Bekenntnis zum Militärbündnis ab. Er verband dies allerdings mit der Forderung nach einem höheren finanziellen Beitrag der Europäer.
Das stößt in der EU durchaus auf fruchtbaren Boden: Nach Jahren des Sparens steigen in einigen Ländern die Verteidigungsausgaben wieder. Auch Deutschland hat angekündigt, sein Budget für den Bereich zu erhöhen. Doch gleichzeitig schwelt die Debatte, ob die Mittel in Aufrüstung fließen sollen. Die Europäer würden nämlich auch Geld für Entwicklungshilfe ausgeben, was nicht unberücksichtigt bleiben sollte, stellte Juncker fest.
Ähnlich hatte sich zuvor der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel geäußert. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz warnte er am Wochenende davor, Sicherheitspolitik auf höhere Verteidigungsausgaben zu reduzieren. Schon in München hatten er und andere EU-Politiker die Gelegenheit, mit Pence zu reden, so wie zuvor mit US-Außenminister Rex Tillerson, der zu einem Treffen mit Amtskollegen nach Bonn gereist war.
Bei all den Zusammenkünften in Deutschland und Brüssel mühten sich die Amerikaner, ihre Kooperationsbereitschaft zu betonen. Das Bekenntnis zur Nato hatte Pence in München wiederholt: Der Kampf der Allianz "ist unser Kampf. Ihr Erfolg ist unser Erfolg."
Trotz der beruhigenden Worte sind die Zweifel der Europäer aber nicht völlig ausgeräumt. Es ist nämlich nicht klar, wie viel Einfluss die Minister auf den US-Präsidenten haben. Fragen an sie aus dem Publikum oder von Medienvertretern waren weder in München noch in Brüssel vorgesehen. Zum anderen konzentrierten sich die US-Politiker stark auf Themen der Sicherheit und ließen andere - etwa zur Handelspolitik - offen.
Zumindest einen Streit wollte Pence entschärfen: den um das Verhältnis zu Russland und den Sanktionen gegen den Kreml wegen des Konflikts um die Ukraine. Denn auch dazu kamen aus Washington zuletzt widersprüchliche Signale. Obwohl nämlich Trump auf eine Verbesserung der Beziehungen zu Moskau setzt, kritisiert seine Regierung das Vorgehen der Russen in der benachbarten Ex-Sowjetrepublik. Auch Pence forderte den Kreml dazu auf, sich an die Friedensvereinbarung von Minsk zu halten.
Berlin und Paris rügen Moskau
Wie fragil aber die Situation östlich von Kiew ist, zeigte sich in den vergangenen Tagen erneut. So hat der russische Präsident Wladimir Putin die Behörden seines Landes angewiesen, vorübergehend die von den prorussischen Separatisten in der Ostukraine ausgestellten Pässe anzuerkennen. Deutschland und Frankreich halten das für "inakzeptabel". Sie werfen Moskau vor, das Minsker Abkommen zu verletzen.