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Transgene Marillen ausgepflanzt

Von Christian Müller

Wissen

Wissenschaftler der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien können nun erstmals in Österreich das Verhalten gentechnisch veränderter Pflanzen unter annähernd natürlichen Bedingungen studieren. Marillenbäume, die gentechnisch so manipuliert wurden, dass sie gegen eine virale Obstbaumkrankheit resistent sind, und Kirschbäume, die eine Kombination von Markergenen tragen, wurden dazu in ein so genanntes Saran-Haus auf einem Versuchsgelände der Boku in Wien-Floridsdorf ausgepflanzt. Damit ist das Forschungsprojekt, das der Ministerrat genehmigt hat, in eine konkrete Phase getreten.


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Rund 100 transgene Marillen- und Zierkirschenbäumchen, die bereits seit Jahren in den Labors der Boku-Forscher wuchsen, wurden vor einigen Wochen in das Saranhaus gepflanzt. Dieses spezielle Gewächshaus mit einer Nutzfläche von 500 Quadratmetern gilt als geschlossenes System.

Um unerwünschte Wechselwirkungen mit der Umwelt - etwa durch Insekten - zu verhindern, sind die Bäumchen von Doppelwänden aus einem engmaschigen Spezialgewebe ("Saran") umgeben. Zugangsschleuse, Glasdach, Betonfundament und eine 1,30 m tiefe Schotterschicht am Boden sorgen für zusätzliche Sicherheit. Andererseits ist durch das Maschengewebe ein Studium unter nahezu natürlichen klimatischen Bedingungen möglich.

"Bei ein- und zweijährigen krautigen Pflanzen gibt es bereits umfangreiche Erfahrungen über die Funktionsweise von eingebrachten neuen Genkombinationen, mit mehrjährigen bzw. holzigen Nutzpflanzen haben sich dagegen bisher wenige Forschungsprojekte beschäftigt", erklärte die Leiterin des Projekts "Charakterisierung transgener Obstbäume und Untersuchungen direkter und indirekter biologischer Wechselwirkungen", Univ.-Prof. Margit Laimer da Camara Machado vom Institut für angewandte Mikrobiologie (IAM) der Boku. Dies nicht zuletzt, weil bei diesen Pflanzen eine kommerzielle Nutzung kaum in Frage kommt.

"Unabhängig von kommerziellen Interessen" wollen die Boku-Forscher in dem Projekt einerseits klären, ob die genetische Veränderung der Pflanzen über einen längeren Zeitraum stabil erhalten bleibt. Andererseits sollen mögliche Wechselwirkungen mit der Umgebung und deren Auswirkungen erforscht werden. Vor allem mit diesem Projektteil soll ein wichtiger Beitrag zur Sicherheitsforschung geleistet werden, wobei Österreich eine beispielgebende internationale Vorreiterrolle einnehmen könne, betonte Laimer.

"Denn auch auf europäischer Ebene wird gefordert, dass bei transgenen Pflanzen in Zukunft direkte und indirekte Auswirkungen bzw. sofortige und längerfristige Effekte berücksichtigt werden müssen." So hofft Laimer, dass die im Rahmen des Projekts gewonnenen Erkenntnisse zur künftigen Beurteilung gentechnischer Verfahren in Österreich herangezogen werden können.

Die Wissenschafter haben in die Erbinformation der Marillenpflanzen zwei Gene eingebracht: Ein Marker-Gen und das Gen für die Virushülle des sogenannten Plum-Pox-Virus, das die Sharka-Krankheit verursacht. Diese Obstbaumkrankheit, die vor allem durch Blattläuse übertragen wird, richtet beträchtliche Schäden an und ist nach Angaben der Wissenschafter durch züchterische Methoden bisher nicht zu bekämpfen. Die Teile der Erbinformation des Erregers machen die Pflanze widerstandsfähig gegen das Virus.

Das Marker-Gen macht die Pflanzen resistent gegen das Antibiotikum Kanamycin. Das ist nötig, um jene auszuscheiden, bei denen die Manipulation nicht funktioniert hat.

Einsicht in Funktionsweise

Parallel zu den Marillen wurden zum Verständnis der grundsätzlichen Funktionsweise zwei gut nachweisbare Marker-Gene in Japanische Zierkirschen eingebaut. Sie erlauben, die Aktivität des Genkonstrukts in unterschiedlichen Pflanzenteilen qualitativ und quantitativ zu untersuchen und mögliche jahreszeitliche Änderungen festzustellen.