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Traumatisch und dramatisch

Von Hermann Schlösser

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Im Herbst 1977 wird Hans Martin Schleyer, der Präsident des deutschen Arbeitgeberverbandes, von der Roten Armee Fraktion (RAF) entführt. Wenig später kidnappen palästinensische Terroristen ein Flugzeug der Lufthansa. Beide Entführungen sollen Andreas Bader, Gudrun Ennslin und andere Terroristen freipressen, die in Stuttgart-Stammhein im Gefängnis sitzen. Da sich die Bundesrepublik Deutschland nicht erpressbar zeigt, wird Schleyer von seinen Entführern ermordet, und die Gefangenen in Stammheim nehmen sich das Leben. Aber der Terror der RAF kommt zu einem Halt.

Diese traumatischen und dramatischen Ereignisse hat Heinrich Breloer 1997 in dem zweiteiligen Fernsehfilm "Todesspiel" rekonstruiert, der gestern und vorgestern in 3sat wiederholt wurde. Dass diese Wiederholung aus aktuellem Anlass geschah, ist klar. Doch ist Breloers Film auch ohne "Aufhänger" sehenswert. Kommentarlos vermischt der Regisseur authentische Dokumente mit rekonstruierten Szenen, die von Schauspielern nachgespielt werden. Dabei behält er jedoch den Unterschied zwischen Dokument und Spiel immer im Auge. Was O-Ton und O-Bild ist und was nachträgliche Inszenierung, ist niemals zweifelhaft.

Diese Genauigkeit unterscheidet sich wohltuend von neueren "Doku-Soap"-Produkten, die in diesem Punkt meist sehr sorglos sind. Dabei ist es zumindest in politischen und ideologischen Zusammenhängen immer gut zu wissen, wo die faktische Richtigkeit aufhört und wo die Erfindungen anfangen.