Fast 2.000 Veterinäre gibt es in Österreich. In den vergangenen Wochen ist ihr Berufsstand zusehends in die Öffentlichkeit gerückt. BSE und MKS - der Tierarzt ist Experte, muss die Bevölkerung aufklären und den Landwirten Tipps zur Vorbeugung geben.
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Die Veterinärmedizinische Universität (VUW) in Wien-Floridsdorf ist die einzige Ausbildungsstätte für Tierärzte in ganz Österreich. Rund 150 frisch gebackene Magister und Magistrae verlassen jedes Jahr das Haus. Zehn Semester sind für das Diplomstudium mindestens vorgeschrieben, die Durchschnittsdauer liegt laut Studienberatung allerdings bei 17 bis 18 Semestern. Auffallend ist, dass schon seit Jahren etwa zwei Drittel der Studenten der Veterinärmedizin weiblich sind.
Qualifikationsprofil für neuen Studienplan
Vergangenes Wochenende fand ein Workshop unter dem Motto "Veterinärmediziner 2020" statt. Der neue Rektor der VUW, Wolf-Dietrich von Fircks: " Besonders in Zeiten, in denen die tragende Rolle des Veterinärmediziners in der Qualitätssicherung tierischer Lebensmittel wieder in den Mittelpunkt gerückt ist, erscheint es mir wichtig, über das künftige Berufsbild zu diskutieren." Eine europaweite Marktstudie solle zukünftige Anforderungen und Erwartungen der Bevölkerung an Tierärzte genauer definieren. Im Vorfeld soll das nötige Qualifikationsprofil für den neuen Studienplan im kommenden Jahr erstellt werden.
Nach Abschluss des Studiums steht dem Veterinär die Welt offen. Von der Praxis für Kleintiere, über die anstrengende Arbeit als Landtierarzt bis hin zum Lebensmittelprüfer - die verschiedensten Tätigkeitsbereiche sind möglich. Für Tierärzte gilt ein freies Niederlassungsrecht: Der Standort für die Praxis oder die Tierklinik kann selbst bestimmt werden. Naturgemäß entsteht daraus aber auch ein Konkurrenzdruck.
Ohne Idealismus und Berufung geht's nicht
"Auf Rosen gebettet sind Tierärzte nicht gerade", zerstreut Hannes Weiß, Pressesprecher der österreichischen Tierärztekammer, den Traum vom leicht zu erreichenden Wohlstand in diesem Berufszweig. Das durchschnittliche Monatseinkommen bewege sich um 20.000 Schilling netto bei einer Arbeitszeit von 50 bis 60 Stunden pro Woche. "Für diesen Beruf sind Idealismus und Berufung nötig", ist Weiß überzeugt.
Für den hohen Anteil an Frauen gebe es einfache Erklärungen, meint Weiß: Das im Fernsehen gezeigte Bild vom Tierarzt erzeuge Illusionen, nicht vermittelt werde, wie anstrengend die Arbeit tatsächlich ist. Fertige Tiermedizinerinnen wären dann zum Großteil in Kleintierpraxen tätig. Von den Großtieren würden sie meist nur Reitpferde betreuen. "Es ist halt wirklich nicht einfach, einen Stier zu bändigen", gibt Weiß ein Bild vom Arbeitsalltag vor allem der Landtierärzte.
Hoffnungsgebiete für die Zukunft seien die Lebensmittelüberwachung und ganz besonders der Tiergesundheitsdienst. Dabei sollen regelmäßige Kontrolle, Betreuung und Beratung durch den Tierarzt helfen, Erkrankungen zu verhindern. Auch neue Heilmethoden würden laut Weiß von Tierärzten gerne eingesetzt. Akupunktur und Homöopathie hätten als Ergänzung zur Schulmedizin ihren Einzug gehalten.
Einen Sonderfall unter den Veterinären stellen Amtstierärzte dar. Nach dem Studium kann das "Physikat", ein mehrwöchiger Kurs mit Abschlussprüfung, abgelegt werden. Vorgeschrieben ist diese Zusatzausbildung aber nicht.
Neue Herausforderungen für Amtstierärzte
Die Amtstierärzte unterstehen den Ländern oder dem Bund. Ihr Aufgabengebiet ist vielfältig. Es reicht von der Fleischbeschau in Schlachthöfen bis zur Kontrolle von Tiertransporten. Dabei ist natürlich regelmäßige Weiterbildung unerlässlich. Walter Reisenhofer vom Gesundheitsministerium schickt "seine" Grenztierärzte etwa drei Wochen pro Jahr zu Schulungen. Die Arbeit werde zunehmend schwieriger. "Wir haben vieles nicht mehr fest in der Hand. Der freie Verkehr in der EU lässt sich nur schwer kontrollieren", sagt Reisenhofer.
In ländlichen Gegenden sind Amtstierärzte noch mit einem anderen Problem konfrontiert. Viele haben nebenbei auch noch eine Großtierpraxis. Zwar dürfen sie nicht im selben Gebiet als Veterinär und Amtstierarzt auftreten, es besteht aber stets die Gefahr eines Interessenskonflikts. Und dazu kommt eine Arbeitszeit rund um die Uhr und bei jedem Wetter.