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Traumjob Politiker?

Von Eva Mandl

Wirtschaft

Fachliches Knowhow für Karriere ausschlaggebend. | Professionelle Politik ist kein Job fürs ganze Leben. | Wien. Erfolgreiche Politiker mit unterschiedlichen Ausbildungen: Ursula Stenzel, Spitzenkandidatin der ÖVP im ersten Wiener Gemeindebezirk, war TV-Journalistin, Thomas Blimlinger, Grüner Bezirksvorsteher in Neubau Trafikant, Wiens FP-Chef Heinz-Christian Strache Zahntechniker, und der rote Bürgermeister Michael Häupl ist Biologe. Politisches Engagement geht quer durch alle Berufe. Die Ausbildungen der Politiker sind so unterschiedlich wie die ersten Karriereschritte in den politischen Laufbahnen. Mit "Deine depperten Frösch' kannst später auch noch zählen" hat der damalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk Häupl als Umweltstadtrat in die Stadtregierung geholt.


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Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, in der Politik Fuß zu fassen: Entweder man macht sich einen Namen und wird als Quereinsteiger wie die ehemalige ORF-Korrespondentin Stenzel in die Politik geholt. Oder man geht - wenn die Popularität nicht ausreicht, den klassischen Weg und arbeitet sich von der Basis über politische Vorfeldorganisationen hoch.

Wie eine Kaminkarriere in der Wirtschaft

Wie Häupl, der sich in der Jungen Generation und der VSSTÖ engagierte, später Mitglied des Wiener Landtags und Gemeinderates, Stadtrat und schließlich Bürgermeister wurde. Personalberater Andreas Landgrebe, geschäftsführender Gesellschafter beim Executive Search Unternehmen Ray & Berndtson CEE, vergleicht den klassischen Karriereweg in der Politik mit einer "Kaminkarriere in der Wirtschaft", nach der Nachwuchstalente möglichst rasch und geradlinig die Karriereleiter empor klimmen.

Quereinsteiger sind meist unabhängiger und unkonventioneller als Berufspolitiker. Doch auch sie haben vor ihrer politischen Karriere Farbe bekannt oder sind durch eine ideologische Nahbeziehung zu einer Partei aufgefallen. "Wenn Einsteiger nicht Stallgeruch geschnuppert haben, wirken sie nicht authentisch, und ihre Chancen auf eine politische Spitzenposition sind gering", betont Landgrebe. Strache hat eine politische Karriere im klassischen Sinn "niemals angestrebt". Er hat einen Zahnarzt kennen gelernt, der politisch aktiv war, und der hat ihn "nach langen Diskussionen zur FPÖ gebracht".

Sich für Anliegen stark machen

Will man in die Politik einsteigen, bringt es wenig, Bewerbungsschreiben an Personalberater oder Parteien zu schicken. Auch der Wille, Politiker zu werden, reicht nicht aus. "Neben innerer Berufung und Motivation sind fachliches Know-how, Networking, Engagement mit einer Thematik und hohe Glaubwürdigkeit ausschlaggebend", sagt Regina M. Jankowitsch, Expertin für Political Leadership.

Die Zeiten haben sich geändert: Ideologien und Parteiprogramme werden immer unwichtiger, die persönliche Wirkung der Kandidaten zählt. Früher wurden Parteien gewählt, heute immer öfter Personen. In einer Mediengesellschaft bleibt kein holpriger TV-Auftritt ungestraft. Künftige Politiker brauchen deshalb laut Jankowitsch Ziele, Themen und Visionen, um glaubwürdig zu wirken. Jedes Engagement für ein Projekt oder eine Initiative bereitet auf eine politische Funktion vor.

Blimlingers politische Karriere hat 1984 begonnen, als sich in Hainburg die Grünen formierten und er mit seiner "Ente" die Au-Besetzer versorgte. Bezirksrat, Klubobmann, Bundesfinanzreferent und Bezirksvorsteher waren seine weiteren Karriereschritte. "Es war für mich ein Hineinwachsen. Motiviert hat mich die Chance, eine neue Kraft zu etablieren mit neuen Ideen und Aktionen", erzählt der studierte Volkswirt. "Sich für seine Anliegen stark zu machen und zwar jetzt gleich", rät Häupl jenen, die von einer Polit-Karriere träumen. Für Strache ist "die politische Vision das einzige Kriterium".

Lebensabschnittsberuf Politiker

Doch auch Kontakte außerhalb der politischen Netzwerke sind relevant. Darin sind sich die Politiker, die von Autorin Jankowitsch in ihrem Buch "Ich trete an!" befragt wurden, einig. "Professionelle Politik ist kein Lebensjob, sondern ein Lebensabschnittsberuf", ist die Kommunikationstrainerin überzeugt. Immer mehr Menschen wechseln mehrmals im Lauf ihrer Berufslaufbahn den Job. Veränderungen sind neue Herausforderungen und Chancen. Besonders in der Politik. Denn es ist ein überdurchschnittlich kräfteraubender Job. "Die Abnutzungserscheinungen sind viel größer als in anderen Berufen."

Politiker stehen rund um die Uhr in der Öffentlichkeit, und das powert aus. Landgrebe und Blimlinger empfehlen ein zweites berufliches Standbein. Der politische Aufstieg soll mit Wirtschafts- und Managementkompetenzen angereichert werden und nebenbei den politischen Ambitionen entsprechen. Denn Polit-Karrieren sind unvorhersehbar - nur wenige schaffen den Weg an die politische Spitze.