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Wien ist, seit die SPÖ die absolute Mehrheit zurückeroberte, für die Opposition ein harter Boden. Bernhard Görg, ehemals Vizebürgermeister und ÖVP-Obmann, rät seiner Partei, die SPÖ dort anzugreifen, wo deren eigene Interessen betroffen sind.
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"Oppositionsarbeit nach der Formel 'Sozialismus Minus 20 Prozent' funktioniert nicht", ist Görg im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" überzeugt: "Als Oppositionspartei muss man versuchen, pausenlos Körpertreffer zu landen, selbst wenn diese auf den ersten Blick keine unmittelbare Wirkung entfalten."
Der ehemalige Planungs- und Zukunftsstadtrat (1996- 2001) und nunmehrige Gemeinderat empfiehlt seiner Partei, die zentralen Dogmen der Wiener SP zu attackieren, die in der engen Verwobenheit zwischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft zu Tage treten. Dazu bedürfe es jedoch eines Gegenentwurfs zur SPÖ-Stadtpolitik. Und diese können für die ÖVP nur auf den Prinzipien Wettbewerb und Privatisierung beruhen.
Als Beispiel führt er die Vorgänge rund um den Lainzer Pflegeskandal der letzten Monate an: Die ÖVP gehe der SPÖ auf den Leim, wenn diese als Reaktion auf die Ereignisse mit Gewerkschaft, Grünen und Freiheitlichen in deren ständigen Chor nach "mehr Geld und mehr Personal" einfalle, statt die Frage zu stellen, weshalb ein Pflegeplatz der Stadt fast 50 Prozent teurer ist als ein solcher der Caritas.
Dasselbe gelte auch für den Umgang mit der Bürokratie. Dabei geht es Görg nicht darum, die einzelnen Beamten zu kritisieren - diese seien sogar "ausgezeichnet" -, sondern um die Auseinandersetzung mit den Strukturen des Systems, das etwa noch immer zahlreiche Pensionsprivilegien ermögliche.
Spekulationen um Vorverlegung der Wahl
Regulär würde Wien erst im März 2006 einen neuen Landtag und Gemeinderat wählen. Daran will Görg jedoch nicht so recht glauben. Er rechnet damit, dass Bürgermeister Michael Häupl - wie schon 2001 - wieder vorzeitige Neuwahlen herbeiführt. Diese könnten bereits im Herbst kommenden Jahres anstehen. Argumentieren könnte er dies mit der EU-Präsidentschaft Österreichs im ersten Halbjahr 2006, um dem Land in dieser Zeit einen aufreibenden Wahlkampf zu ersparen. Denn dass sich dieser wieder vorwiegend gegen die Bundesregierung richten werde, steht für Görg schon heute fest.