Der ORF wird einbetoniert, private Medien werden im Stich gelassen.
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Die Einführung der Haushaltsabgabe als neue Finanzierungsbasis für den ORF ist so gut wie fix. Der Ministerrat hat den Gesetzestext verabschiedet, beschlossen wird er Anfang Juli im Nationalrat. Die unbeliebte GIS wird abgeschafft, künftig zahlen nun jeder Haushalt und die meisten Unternehmen den etwas niedrigeren ORF-Beitrag. Dass dieser um ein paar Euro billiger als die GIS wird (rund 3 Euro im Monat), war ja der ÖVP ein großes Anliegen.
Wie zuletzt alle Gesetze im Medienbereich wurde auch dieses durch die Begutachtung durchgepeitscht und wird trotz tausender ablehnender Stellungnahmen, darunter von fast allen Playern des Medienmarktes, nahezu unverändert durchgezogen. Die Regierung glaubt an ihre Omnipotenz in Medienfragen. Schrille Warnungen, besonnene Vorschläge oder gar leise Kritik sind nicht erwünscht, prallen ab und landen in der Rundablage. Das hat man schon bei der Abschaffung der "Wiener Zeitung" als Tageszeitung so gehandhabt, warum soll das jetzt beim ORF anders sein?
Dabei ist das ganze Grundkonzept in Frage zu stellen. Wie kann man eine neue, nahezu alle betreffende Haushaltsabgabe zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Journalismus einführen, ohne dabei den ganzen Medienmarkt in seiner Existenz abzusichern? Wie es aussieht, kommt ausschließlich der ORF in den Genuss dieser finanziellen Absicherung. Er kann fast ungehindert so weitermachen wie bisher, während beinahe alle heimischen Verlage von Monat zu Monat in größere Schieflage geraten. Und zwar zu großen Teilen nicht aus eigenem Verschulden heraus: Inflation, explodierende Papier-, Energie- und Personalkosten, Spardruck bei Inserenten und Lesern, gepaart mit dem ungehemmten Abfluss österreichischer Werbegelder zu den Online-Giganten ins Silicon Valley bringen die privaten Medien in Existenznöte. Massenweise Kündigungen gab es schon, und weitere werden bis Ende 2024 folgen.
Doch das alles findet - bis auf ein paar kleinere Einschränkungen für den ORF - keinen Niederschlag in der größten medienpolitischen Reform seit Jahren. Es wäre ja möglich gewesen, die Abgabe als "Medienabgabe" zu konzipieren, die jede Form von Qualitätsjournalismus in diesem Land absichert, egal ob im ORF oder im privaten Sektor. Hat man das Problem nicht verstanden oder ist man nur schlicht nicht gewillt, etwas zu tun? Die Folgen sind klar: Der ORF wird in seiner Übermacht zementiert, private Medienhäuser werden mit einem nahezu symbolischen Betrag aus der Medienförderung abgespeist. Das ist zu wenig und zu spät. Es ist eine verpasste Chance mit Konsequenzen. Die Einstellung ganzer Zeitungen (Print und Online) kann die Folge sein.