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Nachdem zuletzt anlässlich des Golfkrieges (1991) Kerosinzuschläge eingehoben wurden, waren Reisepreiserhöhungen jahrelang tabu. Doch im heurigen Sommer verrechneten einige Reiseveranstalter ihren Kunden nach erfolgter Buchung Treibstoffkostenzuschläge. Damit riefen sie die Konsumentenschützer auf den Plan, die meinen, diese nachträglichen Preiserhöhungen seien unzulässig. Musterklagen sind bereits eingebracht. Dieser Beitrag behandelt Schranken und Hürden nachträglicher Reisepreisänderungen.
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Will der Reiseveranstalter nach der Buchung den Reisepreis ändern, muss er bestimmte materielle und zeitliche Schranken beachten. So darf er den Reisepreis nur aus den in § 31 Abs 1 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) genannten Gründen erhöhen. Diese sind:
- Änderungen der Beförderungskosten (z. B. Treibstoffkosten)
- Änderungen der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Landegebühren, Ein- oder Ausschiffungsgebühren in Häfen und entsprechende Gebühren auf Flughäfen sowie
- Änderungen der für die betreffende Reise anzuwendenden Wechselkurse
Für Konsumenten ist zusätzlich §6Abs1Z5 KSchG zu berücksichtigen, der einseitige Preiserhöhungen nur zulässt, wenn die Umstände hierfür sachlich gerechtfertigt sind und nicht vom Willen des Unternehmers abhängen. Vom Unternehmerwillen unabhängig sind all jene Umstände, die dem Unternehmer von "außen" auferlegt werden (z.B. Gesetzesänderungen, behördliche Verfügungen).
Preisgleitklauseln
Außerdem sind nachträgliche Preisänderungen zu vereinbaren. Der Reiseveranstalter hat daher in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Preisanpassungsklausel aufzunehmen, die den gesetzlichen Anforderungen genügt. Dies erfordert genaue Angaben über die Berechnung des neuen Preises. Fehlen sie, ist die Klausel unwirksam. Es genügt daher nicht, sich nur auf die Allgemeinen Reisebedingungen (ARB) oder gar auf den Gesetzestext zu berufen, wie dies die österreichischen Reiseveranstalter durchwegs tun.
Wären die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, könnte eine Preiserhöhung nur verlangt werden, wenn die Veranstalter-AGB wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen wurden. Dies ist oft genug nicht der Fall. Welche Angaben zur Berechnung des neuen Preises muss die Preisänderungsklausel enthalten? Der Kunde muss überprüfen können, ob die Preiserhöhung im geforderten Ausmaß berechtigt ist. Damit ist eine pauschale Erhöhung wie beispielsweise "5 Prozent Treibstoffzuschlag" unzulässig. Der Veranstalter hat in der Klausel abstrakt den Berechnungsmodus für den neuen Reisepreis aufzuzeigen - und zwar in einer für den Kunden nachvollziehbaren Art und Weise. Außerdem verpflichtet §31c KSchG den Veranstalter, auch Preissenkungen an den Kunden weiterzugeben. Daher ist die Preisgleitklausel nur wirksam, wenn sich der Veranstalter auch zu einer Preisminderung verpflichtet.
Zeitliche Schranken
Neben den materiellen Hürden sind noch zwei zeitliche Schranken zu beachten. Ab dem 20. Tag vor dem vereinbarten Abreisetermin gilt absolutes Preiserhöhungsverbot (§ 31cAbs1 KSchG). Preisänderungsschreiben müssen dem Reisenden spätestens am 21. Tag vor der Abreise zugehen. Dies gilt für Geschäfts- und Privatreisen. Für Konsumenten gelten selbst für Klauseln, die gemäß §31cAbs1 bzw §6Abs1Z5 KSchG zulässig sind, zusätzlich die Beschränkungen des §6Abs2Z4 KSchG. Die Norm bezieht sich auf kurzfristig zu erfüllende Verträge. Das sind solche, bei denen Vertragsabschluß und Erfüllung innerhalb von zwei Monaten liegen - oder reiserechtlich ausgedrückt - zwischen Buchung und Reiseende nicht mehr als zwei Monate vergehen: §6Abs2Z4 KSchG verlangt eine "im Einzelnen ausgehandelte Klausel" und legt dem Veranstalter den Beweis für dieses Aushandeln auf. Gemäß Punkt B.8.1. ARB kann innerhalb der Zwei-Monats-Frist eine Preiserhöhung nur wirksam vorgenommen werden, wenn die Gründe hierfür bei der Buchung im Einzelnen ausgehandelt und auf dem Buchungsschein vermerkt wurden. Eine entsprechende Klausel in AGB erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht.
Geringfügigkeitsschwelle
Sie ist daher nichtig. In der Praxis unterzieht sich kaum jemand der Mühe, eine derartige Klausel individuell zu vereinbaren. Preiserhöhungen innerhalb der Zwei-Monats-Frist sind daher meist unzulässig. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen der §31cAbs 1KSchG und § 6 Abs 1 Z 5 KSchG erfüllt sind. Die Geringfügigkeitsschwelle für Preiserhöhungen liegt in Deutschland bei 5 Prozent des Reisepreises. Die bedeutet: Bei Preiserhöhungen von mehr als 5 Prozent des gesamten Reisepreises hat der Kunde das Recht kostenfrei zu stornieren. Der österreichische Gesetzgeber legte sich nicht fest. Für die Erheblichkeit einer Preisänderung soll es nach den Gesetzesmaterialien auf die Verkehrsauffassung ankommen, die in Österreich durch die ARB geprägt sei. Diese gewähren dem Kunden bei Preiserhöhungen von mehr als 10 Prozent jedenfalls ein kostenfreies Rücktrittsrecht. Betont sei allerdings, dass der Reiseveranstalter die Preiserhöhung nur von der jeweiligen Kostenposition und nicht etwa vom Gesamtpreis berechnen darf.