Entschuldigung des Erste-Chefs: "Es war ein rüder Satz." | Staatsgeld soll bis Juni getilgt werden. | Wien. An die 100 Journalisten, Fotografen und Kameraleute waren gekommen - der Saal war bummvoll. Einen derart großen Run auf eine Pressekonferenz hatte Andreas Treichl, Vorstandschef der Erste Group, noch selten erlebt. Der Grund für den Andrang war Treichls jüngste, hohe Wellen schlagende Schelte, die Politiker seien "zu blöd und zu feig" und hätten "keine Ahnung von der Wirtschaft".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Welche Politiker er damit gemeint hatte, ließ der Top-Banker am Donnerstag indes offen: "Ich werde jetzt ein Pauschalurteil nicht in seine Einzelteile zerlegen." Unabhängig davon hat sich Treichl für seinen Wutausbruch vom vorigen Freitag entschuldigt: "Ich habe einen rüden Satz von mir gegeben, der mir für all jene Politiker leid tut, die für unser Land mit vollem Einsatz arbeiten und kämpfen."
Pauschalurteile seien immer schlecht, räumte er ein, um hinzuzufügen, dass auch Politiker "endlich damit aufhören sollen, österreichische Banken pauschal als Krisenverursacher und Spekulanten zu bezeichnen", wie dies schon seit Jahren passiert.
Eine Kreditklemme droht
Zu seinem "Aufschrei" sagte Treichl: "Wenn nichts geschieht, kommt eine Kreditklemme. Ich habe mich über die Untätigkeit der Politik geärgert." In der Sache lässt der Erste-Chef deshalb nicht locker. Auch am Donnerstag appellierte er an die Politik, sich in Brüssel für eine Entschärfung der künftigen Kapitalregeln (Basel III) einzusetzen, bevor der Zug abgefahren ist. "Bei Basel III gibt es Regelungen, die langfristig Nachteile für die Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit des Landes haben."
Konkret pocht Treichl darauf, die Eigenmittelunterlegung von Krediten dort zu belassen, wo sie derzeit ist, und nicht zu verschärfen: "Durch Kredite an Firmen ist die Krise nicht ausgelöst worden." Daher müsse im Basel-III-Regime unterschieden werden: zwischen Kommerzbanken, die das klassische Kreditgeschäft so wie in Österreich und Osteuropa betreiben, und Investmentbanken, die zum Teil hochspekulative Geschäftsmodelle haben. "Seit zwei Jahren rede ich davon, aber es wird nichts getan." Geht es nach Treichl, müssten heimische und osteuropäische Politiker gemeinsam mit Notenbankern und Finanzaufsehern in Brüssel lobbyieren, um etwas zu erreichen.
Die staatliche Kapitalhilfe für die Erste Group (insgesamt 1,22 Milliarden Euro) will Treichl bis Ende Juni zurückzahlen: "Die Chancen stehen gut, dass wir die Genehmigung dafür in Kürze erhalten." Für den Bund beläuft sich der Gewinn aus dem "Erste-Investment" (inklusive Staatsgarantien) unter dem Strich auf 279 Millionen Euro.