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Trend zum Billigfliegen im Business

Von Peter Kantor, Prag

Wirtschaft

Der Rotstift bei den Unternehmen wird auch im Bereich Geschäftsreisen angesetzt. Die Vorgaben lauten auf Low-Cost-Fluglinien, Low-Cost-Mietwagen und Low-Cost-Hotels, nicht immer zur Freude der Mitarbeiter. Die Reiseausgaben der Firmen insgesamt steigen aber weiter, wie eine brandaktuelle deutsche Studie zeigt. Fast 50 Mrd. Euro wurden 2002 für Business-Travel in Deutschland ausgegeben, ebenso viel wie für Urlaube. Ein Trend, der auch für Österreich gilt.


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Gehören Flugtickets zum Preis einer Taxifahrt bald zum Alltag? In welchem Verhältnis stehen Kosten- und Qualitätsbewusstsein? Und: Wird Geiz jetzt auch bei Geschäftsreisen zum Leitmotiv? Diese provokanten Fragen stellte Michael Kirnberger, Präsident des Verbands Deutsches Reisemanagement, bei einer Tagung von Travel Managern in Prag.

Der Anteil der Low Cost Carrier (LCC) ist auch im Geschäftsreisesegment stark im Steigen begriffen. Unternehmen nützen zunehmend die Chance, billigere Flüge für ihre Mitarbeiter zu buchen - nicht immer zu deren Freude. Denn während beim Preis zum Teil erhebliche Ersparnisse lukriert werden können, müssen bei Buchbarkeit, Service, Frequenz und den Flughäfen (nur ein Teil der "Mayor Airports" wird bedient) oft Abstriche gemacht werden.

In Punkto Sicherheit haben die Travel Manager keine Bedenken. Im Gegenteil: Einerseits gibt es einheitliche Sicherheitsvorschriften, andererseits liegt das Alter des Fluggeräts bei den Billigfliegern in der Regel deutlich unter dem der Netzwerkcarrier. So wirbt etwa der Anbieter Easy Jet mit einem Durchschnittsalter seiner Flugzeuge von 4,5 Jahren.

Kirnberger wünscht sich von den LCC und den Netzwerkanbietern gleichermaßen Qualität und gute Preise: "Die etablierten Airlines werden durch den Wettbewerb billiger und flexibler werden, und darüber freuen wir uns als Travelmanager". Die Billigairlines würden sich dennoch am Markt halten können. Kirnberger: "Warum soll es in Zukunft kein Nebeneinander von Ryan Air, Easy Jet und Star Alliance geben, ebenso wie es ein Nebeneinander von McDonald's und Sushi, Campingplatz und Robinson Club gibt?"

Fast 50 Mrd. Euro für Geschäftsreisen

Die Bedeutung von Geschäftsreisen unterstreicht die aktuelle Studie: In Deutschland erreichten die Gesamtkosten für Geschäftsreisen 2002 mit rund 49 Mrd. Euro das Niveau der Ausgaben deutscher Urlauber. Im Gegensatz zu Urlaubsreisen verbleiben jedoch 70% der Geschäftsreiseausgaben im Inland. "Damit tragen sie zum einen wesentlich zur Schaffung und Sicherung direkt oder indirekt abhängiger ganzjähriger Arbeitsplätze bei", so Kirnberger. Zum anderen werden touristische Strukturen insgesamt finanziert, die auch Urlaubsreisenden zugute kommen.

"Rund zehn Millionen Reisende waren im Vorjahr rund 227 Millionen Mal geschäftlich unterwegs", heißt es in der "VDR-Geschäftsreiseanalyse 2003". Trotz der großen betriebswirtschaftlichen Bedeutung widmen die meisten Unternehmen dem Kostenblock Geschäftsreise jedoch sehr unterschiedliche Aufmerksamkeit: So verfügen 89% der Firmen mit über 2.500 Mitarbeitern nicht über ein zentrales Geschäftsreise-Management. "Damit nehmen diese Unternehmen zum Beispiel bei der Gestaltung ihrer Reiserichtlinien und -prozesse sowie des Vertragswesens einen erheblichen Mehraufwand in Kauf. Häufig fehlt zudem ein zeitnah, lückenlos und transparent einsetzbares Instrumentarium für das Controlling des Geschäftsreiseaufkommens", erklärt Kirnberger.

Auch über die Nutzung von Billigflugangeboten gibt die Analyse Auskunft: Insbesondere bei kleineren Unternehmen mit zehn bis 250 Mitarbeitern, die Low Cost-Flüge buchen, liegt der Anteil von Geschäftsreisen per Billigfluggesellschaften mit über 35% auf hohem Niveau.

Österreich: Geschäftsreisen werden unterschätzt

Auch hierzulande würden Geschäftsreisen in ihrer Bedeutung deutlich unterschätzt, meint Hans-Jürgen Schindler, Präsident der ABTA (Austrian Business Travel Association). "Das Geschäftsreiseaufkommen der österreichischen Unternehmen sorgt für eine immense Wertschöpfung im Land", sagt Schindler im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Das sei der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt. Der Trend gehe - ähnlich wie in Deutschland - zu einer starken Reisetätigkeit, schließlich gebe es in Österreich viele exportorientierte Unternehmen. Zudem seien persönliche Kontakte durch nichts zu ersetzen, betont Schindler.

Die aktuelle Reiselust der heimischen Wirtschaft bezeichnet Schindler als ungebremst: "Sobald am Konjunkturhorizont ein Licht zu sehen ist, fangen die Firmen wieder zu reisen an." Besondere Bedeutung für Österreich misst Schindler den osteuropäischen Länder zu, da Reisen für die Erschließung von Märkten unentbehrlich seien. Mit der EU-Erweiterung werde sich die Reisefrequenz noch verstärken, erwartet er.

Die Angebote der LCC sprechen auch österreichische Firmen an. "Von Wien weg liegt etwa die Air Berlin hinsichtlich des Passagieraufkommens schon an dritter Stelle. Das können nicht nur Urlaubsreisende sein", meint Schindler.

Nachholbedarf in Sachen Reisemanagement sieht Schindler ähnlich wie in Deutschland auch bei heimischen Unternehmen. Nach wie vor werde in Österreich "steinzeitlich" über Reisebüros und nicht über Buchungssysteme gebucht. Zum Teil werden Geschäftsreisen immer noch dezentral geregelt.