Steuerbilanzen dürfen seit heuer einen Posten mehr aufweisen. Was für protokollierte Kaufleute und Gesellschaften ohnehin schon seit jeher handelsrechtliche Pflicht ist, wird ab diesem Jahr | generell allen bilanzierenden Unternehmen zugestanden: die steuerwirksame Bildung von Jubiläumsgeld-Rückstellungen. Gemeint sind die Treuegelder, die Dienstnehmern nach langjähriger | Firmenzugehörigkeit zustehen und deren steuerwirksame Vorsorge vom Fiskus immer wieder vereitelt worden war. Seit heuer werden derlei Rückstellungen steuerlich wieder anerkannt. Das | Verfassungsgericht hat's möglich gemacht.
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Die Rückstellungen für Jubiläumsgeldverpflichtungen haben in der Vergangenheit ein wechselhaftes Schicksal erlitten. Ungeachtet handelsrechtlicher Bilanzierungsverpflichtungen versuchte die Finanz
in der Vergangenheit, die Vorsorge in der Steuerbilanz immer wieder zu durchkreuzen, bis der Verwaltungsgerichtshof anfangs 1994 die steuerwirksame Bildung grundsätzlich bejahte.
Rückstellungsverbot aufgehoben
Zu spät freilich, denn durch das Steuerreformgesetz von 1993 wurden die Bildungen nicht nur steuerlich untersagt; die zu Ende 1993 bestehenden Rückstellungen in den Steuerbilanzen mussten
aufgelöst und (soweit steuerwirksam dotiert) nachversteuert werden.
Hartnäckige Unternehmer und ihre Berater konnten sich freilich mit der wirklichkeitsfremden (aber staatsbudgetgünstigen) Gesetzgebung nicht anfreunden und klagten vor dem Höchstgericht. Zu Ende 1997
hoben die Verfassungsrichter das steuerliche Rückstellungsverbot für Dienstnehmer-Treuegelder wieder auf und öffneten den neuen Weg zur Steuerbilanz. Freilich erst mit Wirkung ab 1999.
Probleme der Vergangenheit
Ungeachtet der neuen Rechtsprechung blieben zwei Vorgänge zunächst ungeregelt. Einerseits mussten die von vielen Betrieben in den Jahren 1994 bis 1998 handelsrechtlich (und ohne steuerliche
Wirksamkeit) weiter dotierten Rückstellungen "in der Luft hängen" bleiben; andererseits waren die steuerwirksam gebildeten Rückstellungen ex Ende 1993 inzwischen nachversteuert worden. Eine
unbefriedigende Mischkulanz.
Steuerliches Nachholverbot
In dieser Situation traf die Finanzverwaltung eine bemerkenswerte Entscheidung: sie erlaubte den betroffenen Unternehmen, die inzwischen nachversteuerten Rückstellungsbeträge ex 1993 in einem
besonderen Wiederaufnahmeverfahren wieder "entsteuern" zu lassen, also die Versteuerung rückgängig zu machen. Keine uneigennützige Entscheidung des Fiskus natürlich, denn der Verfassungsgerichtshof
drohte auch die Nachversteuerungsklausel des Steuerreformgesetzes 1993 aufzuheben und man wollte diesem Eklat zuvor kommen.
Die seit heuer geltende Rechtslage muss also eine recht verfilzte Situation berücksichtigen, um Unternehmen, die seit vielen Jahren der Bilanzierungspflicht ordentlicher Kaufleute nachkommen, ab dem
Jahr 1999 auch steuerlich den richtigen Zugang zur Rückstellungsbildung zu ermöglichen.
Denn die neue steuerliche Zulässigkeit ist mit einer einschränkenden Sperrklausel versehen: dem steuerlichen Nachholverbot. Im Klartext: Die steuerwirksame Zuführung zu einer Jubiläumsgeld-
Rückstellung ist ab 1999 nur mit jenem Betrag möglich, der aufwandsmäßig auf dieses Wirtschaftsjahr entfällt.
Schwierige Entflechtung der Vorsorgen
Womit die Bilanzbuchhalter vor dem schwierigen Problem stehen, den gordischen Knoten aus der alten (zwangsweise nachversteuerten und dann wieder entsteuerten) `93-er-Rückstellung, aus den 1994 bis
1998 steuerwirksam gebildeten Vorsorgen sowie aus der ab 1999 wieder steuerlich zulässigen Dotierung zu lösen. Was insbesondere für die Zukunft Kopfzerbrechen bedeutet, wenn die Rückstellung
verbraucht, teilverbraucht oder aufgelöst und der steuerunwirksame vom steuerwirksamen Teil herausgefiltert werden muss.
Mit einem umfangreichen, nicht leicht zu lesenden Erlass versucht das Finanzministerium für die kniffelige Vorgangsweise im Rechnungswesen Orientierungshilfe zu geben. Der Entwurf dieser Richtlinie
wird derzeit in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder studiert, wobei man versucht, dem Ministerium noch einige Verbesserungen vorzuschlagen, ehe der Ukas veröffentlicht wird.
Modus der Rückstellungsbildung
Wichtigste Aussage des Erlasses ist der Modus der Rückstellungsbildung, die · analog zur steuerwirksamen Pensionsrückstellung · versicherungs- oder finanzmathematisch berechnet werden muss. Bei
letzterer Methode ist allerdings auch ein betriebstypischer Fluktuationsabschlag einzukalkulieren, der · mangels anderer Unterlagen · pauschal mit 25% zu veranschlagen ist. Als Barwertzinsfuß sind 6%
anzunehmen. Wird der steuerlich zulässige Teil der Rückstellung aus der Handelsbilanz-Rückstellung abgeleitet (was zulässig ist), dann muss ein Abschlag vorgenommen werden, der im Erlass-Entwurf mit
10% genannt wird.
Rechtsgrund der Vorsorge
Voraussetzung für den neuen steuerlichen Vorsorgeposten ist natürlich der Rechtsgrund. Die künftige Pflicht zur Auszahlung von Jubiläumsgeld an langjährige Mitarbeiter muss kollektivvertraglich
oder in einer Betriebsvereinbarung verankert sein. Bei Einzelzusagen muss eine schriftliche, rechtsverbindliche und unwiderrufliche Zusage vorliegen; eine freiwillige auch langjährige Firmenübung
genügt nicht.
Die Zahl der vom Treuegeldbonus umfassten Mitarbeiter eines Betriebes ist im übrigen unerheblich; die steuerwirksame Rückstellung ist auch bei Betrieben mit nur einem einzigen Dienstnehmer zulässig.