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Treuhänder fühlen sich missbraucht

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Koren: Vorstände nicht an Aufklärung interessiert. | Wien. Als Wolfgang Flöttl im Oktober 1998 satte 639 Millionen Euro in den Sand setzte, ließ die Bawag zur Verschleierung der Verluste vier Stiftungen in Liechtenstein einrichten. Dort war die Treuhandgesellschaft TTA der Familie Frick für die Betreuung der Stiftungen zuständig. Am Donnerstag, dem 59. Verhandlungstag im Bawag-Prozess, stand Yvonne Nägele von der TTA im Zeugenstand.


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Nägele saß im Stiftungsrat von Bensor, Biamo, Treval und Glenstar. Die TTA sei sehr stolz gewesen auf ihre Kontakte mit der Bawag, erklärte Nägele. Groß sei dann die Enttäuschung gewesen, als man aus den Medien erfahren habe, dass man missbraucht wurde.

Den Treuhändern wurde gesagt, die Stiftungen dienten dem Kauf von Liegenschaften und einer Kunstsammlung. "Das stimmte in der Art so nicht", sagte die 53-Jährige. Zwar übernahm die Bawag über die Stiftungen Flöttls Häuser und Bilder, letztendlich dienten sie jedoch dazu, die Verluste aus der Bilanz herauszuhalten. "Wenn ich die wirklichen Hintergründe gekannt hätte, hätten wir ganz sicher nicht mitgewirkt", sagt Nägele nun.

Bilanzen also falsch?

Wer die Idee zur Stiftungskonstruktion hatte, darüber entbrannte eine Debatte zwischen den Angeklagten. Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner hielt Vorstand Josef Schwarzecker für den Urheber, da dieser sich mit Bilanzen auskenne. Schwarzecker sei ein Fachmann und habe auch Bücher dazu publiziert. Schwarzecker widersprach heftig: "Ich habe nie darüber publiziert, wie man Bilanzen fälscht." Richterin Claudia Bandion-Ortner fragte nach: "Also sind die Bilanzen falsch?" Nein, sonst hätte sie der Wirtschaftsprüfer nicht testiert, sagte Schwarzecker.

Am 23. Oktober 1998 hatte Elsner seine Kollegen über die Verluste informiert. Am 25. traf man sich in Elsners Wohnung. Dabei dürfte sich die Stiftungslösung herauskristallisiert haben. Tags darauf wurde vom Vorstand in Beisein Flöttls der Plan konkretisiert. An diesem Tag erging auch der Auftrag an die TTA, die Stiftungen einzurichten. Schon am 27. Oktober überwies die Bawag 154 Millionen an die Stiftungen, von wo sie noch am selben Tag an Flöttl weitergeleitet wurden. Das Brisante: Das Geld floss, ohne dass alle Vorstände davon wussten. Auch Aufsichtsratschef Günter Weninger nicht, der an diesem Tag über die Verluste informiert wurde.

Elsner verteidigt das Vorgehen. Es habe einen Vorstandsbeschluss über die Lösung gegeben. Auch Weninger sei informiert worden und habe zugestimmt. "Absolut nicht", gab Weninger unwirsch zurück. "Das ist ja widersinnig", beschwerte sich auch Schwarzecker. Ohne einen Vertrag hätte er einer Überweisung niemals zugestimmt. Die Verträge wurden erst Anfang November in Paris unterzeichnet - und rückdatiert.

Elsner rechtfertigte die Eile damit, dass Flöttl auf eine Überweisung gedrängt habe. Andernfalls wäre aufgefallen, dass er nicht handelt und die Verluste wären ruchbar geworden.

Kein Boykott, aber . . .

Am Donnerstag wurde auch der jetzige Bawag-Vizegeneraldirektor, Stephan Koren, als Zeuge befragt. Am Weltspartag 2005 habe er - damals ganz neu in der Bank - erstmals von Verlusten erfahren, erzählte Koren. Weninger habe ihn über die "Sanierung eines großen Kreditproblems" informiert.

In Folge sei er zum Leiter des bankinternen Restrukturierungsteams bestellt worden, das die Vorgänge rund um die Verschleierung der Verluste rekonstruieren sollte. Die Aufklärungswilligkeit der betroffenen Vorstände hielt sich offenbar in Grenzen: "Keiner hat boykottiert, aber das Interesse, aktiv mitzumachen, war nicht rasend groß", sagte Koren.

Richterin Bandion-Ortner verschob den geplanten Urteilstermin vom 8. Februar auf nach den Energieferien, also ab dem 18. Februar.