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Technische Sicherung gegen Kassenmanipulation könnte verspätet starten.
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Wien. Kaum hat sich die Regierung auf eine Belegerteilungs- und Registrierkassenpflicht ab 2016 als Gegenfinanzierung zur Steuerreform geeinigt, bahnt sich schon eine Verzögerung an: Die Smartcards, mit denen Kassen gegen Manipulation geschützt werden sollen, werden voraussichtlich erst im Laufe des Jahres 2016 eingeführt, hieß es bei einem Hintergrundgespräch mit Staatssekretärin Sonja Steßl. Der technische Manipulationsschutz mit Smartcard und Software werde spätestens 2017 greifen.
Der Grund für die Verzögerung: Die Smartcards, die mit den Registrierkassen verbunden sein werden, sollen zentral beschafft und an Unternehmen ausgegeben werden. Ohne technische Sicherung ist allerdings nicht auszuschließen, dass erfasste Buchungen nachträglich verändert wurden. Denn die Manipulations-Software wird immer ausgefeilter - und macht es möglich, Umsätze nachträglich zu verkürzen. Diese Veränderung nachzuweisen ist für die Finanzpolizei schwierig.
Strafen fürs Verwenden von Manipulationsprogrammen
Die mögliche Verzögerung lässt Zweifel aufkommen, ob die erwarteten 900 Millionen Euro an Steuer-Mehreinnahmen durch die Registrierkassenpflicht realistisch sind. Im Staatssekretariat für Verwaltung und Öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt geht man auch bei einer Verzögerung von dieser Summe aus, diese sei "konservativ geschätzt": Man hofft auf einen "psychologischen Effekt", weil Belege und Registrierkassen Anfang 2016 verpflichtend sind.
Abschreckend sollen einerseits Verwaltungsstrafen wirken, wenn Betriebe mit mehr als 15.000 Euro Netto-Jahresumsatz und überwiegend Bargeldeinnahmen keine Registrierkasse verwenden. Andererseits soll künftig der Besitz, der Vertrieb und das Verwenden von Manipulationssoftware strafrechtlich verfolgt werden, kündigte Steßl an. Die Strafhöhe muss noch ausgearbeitet werden. Für Konsumenten, die keinen Beleg fordern oder mitnehmen, soll es hingegen keine Strafen geben.
"Das Paket ist in den Grundzügen ausverhandelt. Technische Details sind noch zu klären", sagt Steßl, die die Registrierkassenpflicht im Sommer 2014 erstmals forderte. Zu den Details zählt auch, welche technische Sicherheitslösung verwendet wird. Steßl favorisiert Insika, eine direkte Anbindung ans Finanzamt werde nicht kommen. Vom Finanzministerium war am Donnerstag nur so viel zu erfahren: "Die Erstellung der Legistik läuft seit Dienstag. All diese Dinge werden im Rahmen dessen geklärt."
Bei Insika wird die Kasse mit einer Smartcard verbunden, die für jede Buchung und jeden gedruckten Kassenbeleg eine digitale Signatur vergibt. Damit lässt sich feststellen, ob Daten nachträglich verändert wurden. Auf jedem Beleg wird die digitale Signatur abgedruckt. Das Insika-Verfahren wurde in Deutschland von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt mit Registrierkassenherstellern entwickelt und durch das Wirtschaftsministerium gefördert. Im Einsatz ist Insika seit 2011 in Hamburger Taxis.
Registrierkasse kostet 300 bismehrere tausend Euro
Insgesamt sind laut Steßl 120.000 bis 150.000 Betriebe von der Belegerteilungs- und Registrierkassenpflicht ab 2016 betroffen. Davon hätten bereits fast alle größeren Unternehmen Registrierkassen. Müssen Betriebe erst eine Kasse kaufen, sei diese ab 300 Euro erhältlich. Größere Unternehmen müssen mit höheren Kosten rechnen: Für ein Hotel-Restaurant mit 60 Zimmern und 550.000 Euro Umsatz geht das Staatssekretariat von 4000 Euro aus (allerdings brauchte dieser Betrieb auch bisher eine Registrierkasse), dazu kommen Kosten für Smartcard und Drucker. Laufende Lizenzgebühren für Insika fallen keine an. Die Prämie von bis zu 200 Euro wird für die Anschaffung einer Kasse ausbezahlt.
Die betroffenen Betriebe - darunter Wirte, Friseure und Händler - kritisieren vor allem die Kosten durch die Einführung der Registrierkassenpflicht. Steßl betont, man wolle mit der Neuregelung steuerehrliche Unternehmer schützen, die durch die Umsatzverkürzung von Konkurrenten im Wettbewerb benachteiligt seien.
Bisher mussten Betriebe in Österreich ab 150.000 Euro Netto-Jahresumsatz laut Barbewegungsverordnung ihre Umsätze einzeln mit einer Registrierkasse aufzeichnen. Diese Grenze sinkt nun auf 15.000 Euro. Auch Ärzte, Schneider, mobile Friseure und Masseure müssen sich eine Registrierkasse anschaffen, wenn sie diese Voraussetzungen erfüllen. Mobile Berufsgruppen können ihre Umsätze vor Ort mit einer händischen Rechnung aufzeichnen und im Nachhinein am Betriebsort in der Kasse erfassen.
Handwerker und Rauchfangkehrer sind laut Steßl hingegen nicht von der neuen Regelung betroffen, weil diese meist Rechnungen ausstellen und nicht mit Bargeld bezahlt werden. Ausgenommen sind neben Vereinsfesten aufgrund der "Kalte-Hände-Regelung" auch Betriebe wie Christbaumhändler, Stände auf Bauernmärkten oder Kirtagen und Maronibrater bis 30.000 Euro Jahresumsatz - sie können Umsätze weiter per Kassasturz ermitteln.
Schwarzverkauf kann man nicht völlig verhindern
Mit Registrierkassen könne man Streitereien über die Höhe des Umsatzes bei einer Betriebsprüfung vermeiden. "Österreich gleicht sich an den internationalen Standard bei der Betrugsbekämpfung an", begründete Steßl die Einführung. In elf EU-Ländern gibt es derzeit eine Belegerteilungs- und Registrierkassenpflicht, in Slowenien sind ab September Registrierkassen Pflicht.
Eine technische Sicherheitslösung kann Kontrollen der Finanz jedoch nicht ersetzen. Dass jemand schwarz verkauft, könne man nicht zur Gänze verhindern, gibt man im Staatssekretariat zu. Hier sei die Finanzpolizei, die aufgestockt wird, ein wichtiger Baustein: Bekommen die Prüfer bei einer Nachschau keine Rechnung für eine Konsumation oder einen Einkauf, hat der Betreiber schlechte Karten.