Ungleiche Behandlung der Arbeitnehmer. | Casino-Croupiers müssen ihr Körberlgeld mit dem Staat teilen. | Wien. Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich der Arbeitsteilung dem Arbeitnehmer von dritter Seite und ohne Rechtsanspruch freiwillig zusätzlich zu dem Grundgehalt gezahlt werden, sind steuerfrei. Das sagt das Einkommensteuergesetz (§ 3 Abs 1 Z 16 a EStG). Es ist egal, ob diese Gelder bar oder über Kreditkarten ausbezahlt werden. Hingegen muss ein Unternehmer das Trinkgeld als Betriebseinnahme versteuern.
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Die dem Croupier lässig hingeworfenen Jetons nach Beendigung des Casinospiels - im Fachjargon Cagnotte - kommen in einen Pott, der dann vom Arbeitgeber, der Casino Austria AG, ausbezahlt wird. Denn Direktzahlungen von Spielern sind nach dem Glückspielgesetz verboten.
Die Direktzahlung durch den Arbeitgeber führt allerdings zur Steuerpflicht. Ein streitlustiger Croupier der Casino Austria AG sah sich ungerecht behandelt und begehrte beim Gerichtshof die Steuerfreiheit. Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass die Zuwendungen an einen Rauchfangkehrer oder an den Kfz-Mechaniker zwar im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht, die Zuwendung des Kunden aber letztlich außerhalb des arbeitsrechtlichen Vertrages stattfindet. Die Höhe des Trinkgeldes hängt vom Kunden ab.
Der Verfassungsgerichtshof führt zweitens aus, dass eine steuerliche Erfassung von Trinkgeldern von dritter Seite ein intensives Eindringen in die private Sphäre der Arbeitnehmer erfordern würde, ohne dass eine gerechte, wirklichkeitsnahe Besteuerung erreicht werden könnte. Der Croupier hat hingegen einen Rechtsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber. Das macht den Unterschied aus.
Das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden. Kellner, Friseure und Rettungssanitäter können aufatmen, sie bekommen ihr Körberlgeld direkt von den Kunden, daher bleiben sie steuerfrei. Der Croupier muss dagegen weiterhin mit dem Fiskus teilen.
Bei Bonusmeilen: Pauschale
Die im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms für Dienstreisen gutgeschriebenen Bonusmeilen konsumieren in der Regel die Arbeitnehmer für private Reisen.
Diese Besteuerung ist für
das Finanzamt außerordentlich schwierig, zumal die privaten Reisen der Dienstnehmer nicht überprüfbar sind. Jeder Dienstnehmer hat das Recht auf seine Privatsphäre. Wann der Mitarbeiter, mit welchen Begleitpersonen und zu welchen Bedingungen die Bonusreisen konsumiert, ist für das Finanzamt nicht ermittelbar.
Laut den Lohnsteuerrichtlinien sind Bonusmeilen aber steuerpflichtig. Sie dürfen pauschal mit 1,5 Prozent der vom Dienstgeber getragenen Kosten für die Flugreisen geschätzt werden. Die steuerliche Schätzung ist spätestens in der Lohnverrechnung für Dezember zu berücksichtigen. Der steuerpflichtige Bezug ist nicht sachgerecht, weil die Bemessung nicht im Zusammenhang mit den tatsächlich konsumierten privaten Flugreisen des Dienstnehmers steht.
Benefits von dritter Seite
Was haben Trinkgelder mit Bonusmeilen gemeinsam? Die Zuwendungen für Arbeitnehmer entstehen zwar im Zusammenhang mit dem Dienstvertrag, werden aber von dritter Seite, nämlich von dem Kunden bzw. vom Flugunternehmen bezahlt. Dennoch werden nur Bonusmeilen vom Fiskus besteuert. Mitarbeiter von Beförderungsunternehmen genießen Steuerfreiheiten für unentgeltliche oder verbilligte Beförderung der eigenen Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen (§ 3 Abs 1 Z 21 EStG). Diese Ungleichheiten erscheinen unsachgerecht und daher verfassungsrechtlich bedenklich.
Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.